Grenzen setzten
Quelle: 30 Minuten; Gelassenheit, Monika Alicja Pohl, 2. Auflage 2016, GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Anton Svobota, Gebetshaus, https://gebetshaus.org/medien/how-to-life/?type=222&tx_ytmediathek_mediathek%5Bcolor%5D=primary&tx_ytmediathek_mediathek%5Bentry%5D=528&cHash=adb2eb7daee917d3c2ce10eea5c69a9b

1. Unsere Ja-Gesellschaft
Wir leben in einer Ja-Gesellschafft, von «Yes we can!» (Barak Obama’s Wahlslogan) bis «Ja das schaffen wir!» (Angela Merkel 2015 auf die Flüchtlingskriese). Ein Ja verkauft sich besser als ein Nein, dass weiss nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft mit Ja-Verkaufsargumenten und Social Media, wo man mit «Ja, gefällt mir» zustimmen kann, bzw. «likes» erntet oder dass wir in Anbetungslieder Gott zu singen «Ja, wir glauben an dich!». Ein Ja ermutigt, ein Nein setzt Grenzen, stoppt erst mal, dass gefällt meist nicht einmal der Person die Nein sagt. Man erntet also nicht im gleichen Masse Zuspruch von anderen bei einem Nein, wie bei einem Ja. Hat das Nein ein Image-Problem? Wieso tun wir uns so schwer mein der Nein-Grenze?
Bei Nein geht es um unsere Autonomie. Die Autonomie ist der Zustand der Selbstbestimmung, der Selbständigkeit. Autonom zu handeln oder selbstbestimmtes Handeln hat es in unserer heutigen Zeit sehr schwer z. B. in der Arbeitswelt und in Zwischenmenschlichem. Uns wird antrainiert ohne zu Fragen Anweisungen zu befolgen und gehorchen. Dabei ist etwas zu hinterfragen, ob das für mich gut ist, unglaublich wichtig! Prüft aber alles und das Gute behaltet. (Bibel, 1. Thes 5,21)
Vielleicht überrascht das Nein ihr gegenüber, aber Sie dürfen ihm/ihr diese Überraschung gerne überlassen. Denn wenn er Sie ja fragt, muss er mit beiden Antworten rechnen, sonst würde er ja befehlen. Und zuletzt; akzeptiert er das Nein nicht ist das ein Zeichen von Schwäche, ein Mangel an Anstand. Ein Nein ist in erster Linie einfach unangenehm für den Nein-Sager, wie auch für den Nein-Empfänger. Es ist nicht so leicht Absagen zu machen, denn mein Nein kann andere verletzen, bzw. enttäuschen. Die Enttäuschung wiederum ist es die den Nein-Empfänger verletzt, seine empfundene Ablehnung. Vielleicht das Nein ihr gegenüber überrascht, aber Sie dürfen ihm/ihr diese Überraschung gerne überlassen. Akzeptiert er das Nein nicht ist das ein Zeichen von Schwäche, ein Mangel an Anstand bei Erwachsenen und denen, die es werden wollen.
Der Nein-Empfänger war wohl mit einer Frage vorausgegangen, die sowohl mit Nein, wie auch mit Ja gleichermassen beantwortet werden konnte und er mit beiden Antworten hätte rechnen müssen, sonst würde er ja befehlen. Die Täuschung, die dann zur Enttäuschung wird, liegt also darin verborgen, dass man sich in der erwarteten Antwort des anderen getäuscht hatte. Das ankommende Ablehnungsgefühl hat damit also mehr mit dem Fragenden selbst zu tun, als mit dem Antworteten. Und wenn man nicht mal damit rechnet, dass das was wir uns vom anderen wünschen mit seiner Einwilligung zusammen hängt, sprich, wir ihn komplett übergehen, oder die Situation völlig falsch eingeschätzt haben, hat die kommende Enttäuschung erst recht etwas mit unserer Selbst-Täuschung zu tun und nicht mit dem Nein-Sager selbst.
Ein klares Nein hängt dabei nicht von der Lautstärke ab, sondern von der Festigkeit der Stimme und der tiefen Bauchatmung (Es geht einfacher wenn sie mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Das wirkt entschlossen und das spürt auch ihre Seele.) - Nein. Punkt. Pause - Das kann man auch noch abschliessen mit einem freundlichen Es tut mir Leid, aber vielen Dank für das Angebot/Vertrauen/Einladung.
Oftmals braucht es gar keine Rechtfertigung warum oder weshalb ein Nein. Denn das Nein an sich muss auch nicht einmal mit dem Fragenden direkt in Verbindung stehen, sondern nur mit der Frage selbst, es ist der Nein-Empfänger, der dann meist das Nein auf sich als Person bezieht und nicht auf seine Frage. Wenn das Nein also persönlich genommen wird, fordert man auch gerne eine Erklärung dazu, bzw. hat der Nein-Sager automatisch das Bedürfnis sich erklären zu müssen, was er im Grunde aber eigentlich gar nicht müsste. Ein Nein ist oft direkt mit Schuldgefühlen verbunden, denn der Nein-Sager fühlt sich verantwortlich dafür, dass der Nein-Empfänger das Nein als persönliche Ablehnung empfinden könnte.
Wir wollen nicht ablehnen oder abgelehnt werden, wir wollen andere mögen und selbst gemocht werden, denn wir sind Beziehungswesen und auf einander angewiesen. Wir wollen Dazugehören und angenommen sein, denn wir haben die tiefen Bedürfnisse nach Sicherheit und Bedeutung und diese erhalten wir als soziale Wesen nun mal nur innerhalb einer Gemeinschaft. Ich glaube, dass Ablehnung tief mit unserer Existenzangst verankert ist. Es ist Fakt, dass Menschen an Einsamkeit sterben können, daher überrascht es nicht, dass wir sehr viel für das Gefühl tun geliebt und respektiert zu sein.
Meist steckt dann da die Logik, dass ich nicht mehr gemocht werden könnte, wenn ich Nein sage. Doch hier schon überschreiten wir eine Grenze. Sich für den anderen verantwortlich fühlen ist richtig, wenn es ein Kind ist. Doch oftmals tun wir das bei Erwachsenen und dann trauen wir ihnen nicht zu mit einem Nein «erwachsen» umgehen zu können. Das entwürdigt den anderen und hat nichts mit «Rücksicht» zu tun. Mit einem Nein muss jeder leben können, selbst Kinder müssen es lernen, es gehört zum gesunden Menschsein dazu! Rücksicht nehmen hiesse dann ja Nein zu uns und unseren Bedürfnissen zu sagen, also uns selbst zu entwürdigen, damit es ein Ja für den anderen gibt. Das ist demütigend, wir demütigen uns selbst. Das rächt sich gerne mit dem Gefühl zu kurz zu kommen, mit Selbstverwöhnung, Groll, Neid, Süchten und Bitterkeit. Vielleicht glauben wir auch so sehr «Rücksicht nehmen zu müssen», weil wir das von uns her kennen, sprich dass wir selbst nicht so gut mit Nein-Frust umgehen können, es darum anderen nicht zumuten wollen und auch von anderen erwarten, dass sie es uns nicht zumuten! Doch dann behandeln wir uns selbst und andere wie Kinder, unwürdige, gedemütigte Erwachsene. Doch das müssen wir nicht tun, wir können wählen. Ehren wir uns selbst zu unseren Bedürfnissen zu stehen und unser Gegenüber indem wir ihm zutrauen mit einem Nein konstruktiv umzugehen.
Das «üble Nein» lernt das Kind in den Jahren, wo es sich eine Frustrationstoleranz aufbauen muss, denn in der Welt gibt es zu vielen Dingen, die erst einmal ein Nein bedeuten. Das zu akzeptieren, einzuordnen, respektieren, nicht persönlich zu nehmen, hat viel mit Demut, nicht mit Demütigung zu tun. Diese Reife zu entwickeln im Umgang mit Nein’s ist eine der vielen Disziplinen, die uns zu Erwachsenen macht.
Nein-Sagen muss gelernt sein, sonst kommt man zu kurz, verausgabt sich und man wird nicht mehr ernst genommen. Das müssen wir manchmal sogar zu uns selbst, wir können nicht immer alles tun was wir wollen, wir sind mit unseren Ressourcen begrenzt. Das ist gar nicht so leicht. Falsche Selbstliebe verkommt oft zu einer Selbstverwöhnung und Selbstentschuldigung, damit man sich nicht im gesunden Masse selbst Grenzen setzen muss. Dieses liebende Nein zum eigenen inneren Kind, dass noch nicht Verantwortung tragen will, ist das was uns erwachsen macht. Der Erwachsene in uns möchte seine Ziele erreichen, auch wenn dass innere Kind gerade nur spielen möchte. Da müssen wir, wenn wir Verantwortung tragen wollen, Prioritäten setzen.
Wir sind alle gleichwertige Menschen, unabhängig von Status und unserem Beruf. Ein Nein ändert nichts an ihrem Wert oder am Wert anderer. Wir können den gleichen Respekt erwarten wie bisher und sollten ihn auch anderen gegenüber aufrecht halten, wenn wir ein Nein bekommen. Studien zufolge haben wir von Personen, die zu sich stehen und sich verletzlich zeigen sogar mehr Respekt, als vor solchen, die sich immer anpassen. Darum tun wir uns ja so schwer, wir fühlen uns verletzlich, weil wir sagen, es ist mir zu viel, zu schwer, ich kann da nicht mitmachen. Es ist aber so dass es für denjenigen der sich verletzlich zeigt viel schlimmer, als für den anderen, denn der kennt diese Verletzlichkeit meist ganz gut an sich selber und wird es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit akzeptieren können. Doch nicht nur das, viele Leute finden es sogar bewundernswert, wenn jemand ganz klar weiss was er kann, was er will und was eben nicht. Es verschafft Respekt wenn wir authentisch sind, weil dann das Gegenüber so weiss, dass es auch vor dir echt werden darf. Da ist eine hohe Qualität an Beziehung und Vertrauen. Selbstrespekt und Selbstachtung geht mit Respekt und Achtung andere mit einher.
Wenn du dich nicht wehrst gegen dich selbst und andere, und nicht Nein sagst, läuft das Leben aus dem Ruder, du bleibst harmlos und man kann auf dir herumtrampeln – denn du sagst ja nichts! Du sagst mit einer Absage ja nicht nur Nein, sondern Ja zu ihren Prioritäten und Bedürfnissen. Es braucht Grenzen, damit wir unseren wichtigen Dingen mehr Raum geben können. Natürlich ist es hilfreich wenn man diese überhaupt kennt. Deshalb ist es so gesund sich zu fragen: Was will ich eigentlich? Und dementsprechend zu handeln. So begegnet man Ihnen mit Respekt, weil Sie Ihre Bedürfnisse selbst respektieren. Es lebt sich viel gelassener mit dem Wissen, selbstbestimmt handeln zu können. Jedes ausgesprochene und nicht zurückgezogene Nein ist eine Be-Ja-ung für Sie und ihre Bedürfnisse! Und es ist nicht egoistisch im negativen Sinne für sich selbst einzustehen. Im Gegenteil, es hat mit Reife und Verantwortungsbewusstsein und Demut für sich selbst zu tun, für seine Bedürfnisse einzustehen und zu sich Ja zu sagen. Es ist eine Übungssache.
Grenzen und Prioritäten
In der Bibel beginnt Gott schon im ersten Kapitel Genesis 1 und 2 Grenzen zu setzen. Er teilt das Himmel von der Erde, Land vom Wasser, das Licht von der Finsternis, den Tag von der Nacht, etc. Es war Tohuwabohu auf der Welt, es war total chaotisch und in diesem Chaos war kein Leben möglich. Es braucht eine bestimmte Ordnung die gewährleistet, das Leben erst möglich wird. Uns so teilte Gott die einzelnen Dinge von einander ab, damit eine Ordnung entstand, er sagte Nein zum Tohuwabohu, weil er Ja zum Leben sagte. Auch als er den Menschen machte gab er ihm Grenzen: z. B. Das alles darfst du essen, nur diese Frucht nicht, sechs Tage sind zum Arbeiten, einer zum Ruhen, etc. So funktioniert Leben. Da wo Leben sein soll braucht es Grenzen. Grenzen geben Lebensraum, wo etwas sein darf und wo eben nicht. Kämpfen in der Kampfsportarena innerhalb des Fairplay darf ein Ja haben, Kämpfen am Arbeitsplatz, weil man etwas nicht machen will Nein! Überall wo wir ein Tohuwabohu haben in Beziehungen, am Arbeitsplatz, in der Kommunikation, usw. wird das Leben schwierig und sehr wahrscheinlich liegt es daran, dass wir zu wenige klare Grenzen und Prioritäten gezogen haben. Immer wenn wir keine Grenzen setzen werden unsere Prioritäten, die Dinge auf die es ankommt, die uns wirklich wichtig sind, zu kurz kommen und leiden. Eine gute Freundschaft lebt davon, dass du mit diesem Freund Dinge tust oder besprichst, wie du sie mit keinem anderen machst. Dein Ja zu dieser Person ist auch ein Nein zu all den anderen, nur so wird diese besondere Freundschaft überhaupt möglich. Wenn wir Familien-Zeit von Arbeits-Zeit klar trennen, bekommen beide Zeiten erst ihre Qualität.
Wir denken sehr oft, dass es umgekehrt sei, dass Nein sagen uns einengt und unserer Möglichkeiten beraubt, weil wir etwas nicht tun können oder dürfen, was wir wollen. Man glaubt es wird einem was vorenthalten oder sogar bestraft. Doch die Wahrheit ist, dass wenn wir Nein sagen und akzeptieren, setzt uns das erst frei innerhalb unserer Möglichkeiten! Sehr oft wollen wir nämlich etwas, was gar nicht in unseren Möglichkeiten liegt bzw. unseren Rahmen sprengt und unsere ganzen anderen Dingen ins Ungleichgewicht bringen würde. Wir tun uns manchmal schwer wenn wir z. b. erfolgreich Kinder und Karriere haben möchten, so gut wie XY sein, oder ohne die nötigen finanziellen Mittel, auf Kredit dort und dort hinreisen, oder dieses Auto und diese Kleider, usw. haben wollen. Ein erfolgreicher Sportler sagt Ja zu seinem Konkurrenz-Sport, zum Wettkampf, disziplinierten Trainieren, strikten Ernährungsplänen, zur Selbstaufopferung, aber damit auch Nein zu Freunden, Familie, Freizeit, Vergnügen und anderen Wünschen und Zielen, denn diese wären nun Ballast und würden ein Tohuwabohu bewirken. Bei den vielen Ja’s merken wir oft erst später was das für Neins bedeuten würde. Wir entscheiden uns nicht nur für eine offensichtliche Sache, sondern auch für dessen weniger offensichtlichen Konsequenzen. Ein Nein an der richtigen Stelle bewirkt eine enorme Erleichterung und Entspannung. Da ist plötzlich ein Raum, mehr Zeit und Energie, weil man sich nicht in x-Sachen verliert sondern sich nur noch auf etwas konzentrieren kann. Da kann plötzlich ein Genuss kommen, wo vorher nur Stress war, eine Leidenschaft wo bisher nur Forderungen im Raum standen. Plötzlich bekommt das Leben an Qualität, wo vorher ein Versagergefühl war. Manchmal ist weniger mehr!
5 Punkte die uns daran hindern Nein zu sagen:
Angst zu enttäuschen, der Grund Nr. 1!
Sich selbst übergehen
Seine Gefühle auf Distanz halten
Fromme Ausreden
Keine klaren Prioritäten
1. Angst vor Enttäuschung
Das ist womöglich der Grund Nr. 1, warum wir nicht gerne Nein sagen, daher ist das ganze vorherige Kapitel diesem Punkt gewidmet. Also darum nur so viel: Bei Nein wird immer etwas oder jemand enttäuscht, dass können wir nicht vermeiden. Dabei sollten wir auch beachten, wen wir gerade enttäuschen und zu wessen Gunsten wir Ja sagen, wenn wir zu jemandem Nein sagen. Denn wir müssen andere enttäuschen, wenn wir wichtige Personen nicht enttäuschen wollen, sonst enttäuschen wir uns selbst, daher ist nicht jedes Enttäuschen schlecht.
Nicht enttäuschen zu wollen, kann auch mit einer Gefallsucht zusammen hängen, mit dem Wunsch Täuschungen aufrecht zu erhalten mit einer bestimmten Absicht dahinter, der wir uns stellen sollten.
2. Sich selbst übergehen
Dazu erwähnt das vorherige Kapitel auch ein Teil, ich will es hier nochmal ausführen. Wir sind endliche, von Natur aus begrenzte Wesen, darum müssen wir das ernst nehmen. Wir haben nicht unendlich viel Kraft und Zeit, darum sollten wir sie einteilen. Wir können das natürlich ignorieren und übergehen oder wir beachten es. Hier zeigt sich Demut. Erkenne ich an was und wer ich bin und habe ich die Grösse dazu zu stehen, oder will ich eben mehr sein, oder mehr können als ich zu dem in Wirklichkeit in der Lage bin. Dies zeigt sich auch in der Ehrfurcht zu meinem Schöpfer, dass ich anerkennen, das er sein Werk an mir gut gemacht hat, dass ich nicht besser sein muss, als er mich geschaffen hat mit meinen Fähigkeiten und Ressourcen.
Da ist ein schmaler Grad zwischen Förderung und Überforderung. Zu letzterem müssen wir Nein sagen, da sind wir ausserhalb unserer Grenze. Dazu gibt es auch eine fromme Ausrede: «Ich muss gar nicht so auf meine Grenze achten, denn Gott gibt mit die Kraft dazu! Durch Jesus habe ich Zugang zu den unbegrenzten Ressourcen des Himmelreiches.» Ja das stimmt, der Heilige Geist mit seinen übernatürlichen Fähigkeiten ist da, aber auch nein, denn das Himmelreich Gottes ist noch nicht ganz vollkommen da, auch wenn wir wissen, dass es kommt. Darum sind Grenzen bis dahin immer noch ein Thema. Selbst Jesus hat sich für all die Dinge wie Gebet, Essen, Trinken, Schlafen, usw., Zeit nehmen müssen. Ja er war und ist Gottes Sohn, aber er war eben auch Mensch, wie wir.
Ein anderer Aspekt ist auch, dass wir der Logik glauben, wenn wir anderen Ja sagen, dass wir sie damit wertschätzen, also Ja = Wertschätzung und Nein = Nicht Wertschätzen. Das ist nicht christlich! Dabei übergehen wir uns, wenn wir uns nicht mehr wertschätzen. Der andere sollte nicht wichtiger werden als ich, weil auch ich nicht wichtiger werden sollte als der andere. Liebe deinen Nächsten, eben wie du dich selbst liebst, übergehe ihn nicht, wie du dich auch nicht übergehst, achte den anderen, wie du dich selbst achtest. Der andere ist wichtig und du auch. D. h. im Flugzeug wenn in einem Ernstfall die Sauerstoffmasken herunterfallen, müssen wir zuerst uns eine aufsetzen, bevor wir anderen helfen können. Im Alltag leben wir aber oft danach, dass wir glauben, denn anderen zuerst die Sauerstoffmaske aufsetzen zu müssen, bevor wir uns selbst widmen dürfen und dann wundern wir uns, warum wir zusammen klappen. Gott wird nicht im Himmel klatschend auf dich warten und dir dazu gratulieren wie toll du dich für andere kaputt gemacht hast! Da ist nichts ehrenvolles dran! Ja es sagt das grösste ist es sich für seinen Nächsten hinzugeben, so wie Jesus für uns gestorben ist, aber er hat es nicht auf eine selbst-vernachlässigenden Art getan. Er ist nicht für uns gestorben, dass wir damit wir mit unserem Leben unachtsam umgehen können. Unser Leben ist unendlich kostbar für ihn. Er wollte das es dich gibt, dass du lebst und andere Menschen mit deinem gesunden Sein bereicherst, nicht dich aus einer falschen Frömmigkeit heraus für andere aufopferst und dann verbittert zurück bleibst, weil du nie die Dinge tun konntest, die dir wirklich wichtig waren. Darum ist es wichtig Grenzen zu setzten, weil du wichtig bist und das was dir wichtig ist, seinen Raum braucht. Es ist wichtig wie es uns geht, wie wir uns fühlen, es ist nicht egal oder zweitrangig. Grenzen anderer zu beachten ist die wahre Wertschätzung die wir brauchen und auch bei anderen leben sollten. Wenn andere dich nicht schätzen, muss du eine Grenze ziehen und dich schützen. Wir müssen uns nicht allem aussetzen oder jeden Mist anhören, den man uns an den Kopf wirft. Grenzen setzen heisst sich selber wertzuschätzen. Das hat viel damit zu tun, dass wir uns teilweise gar nicht so gut selber spüren.
3. Seine Gefühle auf Distanz halten
Jeder von uns hat einmal gelernt, wie er mit bestimmten Gefühlen umgeht und welchen Situationen man diese ausleben kann, oder eben versucht sie zurückzuhalten. Gefühle sind wichtig und brauchen ihren Raum, aber sie sind nichts wonach wir uns richten müssen. Nur weil sie gerade jetzt da sind, müssen wir sie nicht gerade so wie sie kommen ausleben. Sie haben ihre Berechtigung und sollen beachtet werden, aber sie sollten nie zum bestimmenden Faktor werden, denn je nach Gesinnung ändern sie sich ganz schnell. Doch problematisch wird es schon, wenn wir gar keine Verbindung zu ihnen mehr haben, sei es durch traumatischen Erfahrungen oder anderen schwierigen Erlebnissen. Man kann so leben, das man Gefühle auf Distanz hält, jedoch wird es so schwierig für sich selbst Grenzen setzten zu können. Nur in dem Masse wie wir mit diesem Teil von uns Verbunden sind der uns die Resonanz gibt, wie wir die Dinge um uns herum bewerten und wahrnehmen, können wir darüber gute Entscheidungen über Ja und Nein fällen. Wenn ich nicht weiss ob mir etwas gefällt oder nicht, kann ich nicht dazu Nein oder Ja sagen, wenn ich nicht weiss ob ich weinen oder lachen soll, wird es schwierig und eben auch gefährlich. Zwischen allem Sollen und Müssen muss es noch ein Platz haben für Wollen und dafür müssen wir uns spüren können. Es hilft uns nicht, wenn wir immer gerade alles wegrationalisieren, sondern uns wirklich anhören, was wir uns selbst zu sagen haben. Wenn es kein klares Ja gibt, ist es womöglich ein klareres Nein.
4. Fromme Ausreden
Nein sagen fällt Christen besonders schwer, weil wir auch Ausreden dazu haben, die besonders geistlich und fromm klingen: «Als Christ muss ich doch alle Menschen lieben, dann kann ich doch nicht so egoistisch sein und wenn mich jemand braucht, dann Nein sagen! Ich will doch das Evangelium leben.»
Doch wenn das so wäre, dann hätte Jesus auch einer sein müssen, der nie Nein gesagt hat, was aber nicht so war, eher im Gegenteil! Jesus hat seinen Jüngern und auch seiner Familie immer wieder Nein gesagt, er entzog sich regelmässig grossen Menschenmengen um mit Gott alleine sein zu können, oder auch bei der Geschichte von Lazarus sagt er Maria und Marta Nein, als sie ihn baten schnell zu kommen und Lazarus zu heilen bevor er stirbt. Jesus hat Maria und Marta dann tatsächlich zugemutet, dass Lazarus stirbt, weil er wusste, dass er ihn später wieder von den Toten auferwecken lassen würde, weil er das grosse Ganze sieht und mit seiner Ewigkeitssicht langfristig denkt. Das ist auch unser Problem, wir denken meist sehr kurzfristig uns sehen nicht das grosse Ganze. Wenn wir das tun würden, würden wir viel öfter Nein sagen.
5. Keine klaren Prioritäten
Hatte Jesus Maria, Marta und Lazarus nicht geliebt? Doch natürlich! Jemanden zu lieben heisst nicht, dass man nicht Prioritäten setzen darf, auch in Beziehungen. Jesus hat seine Beziehungen total klar geordnet. Als erstens stand bei ihm Gott, sein Vater, dann von den vielen, vielen Menschen, die ihm gefolgt sind, hatte er 12 Jünger, die ihm sehr wichtig waren, die er besonders lehrte und von diesen 12 nahm er nochmals 3, die ihm wirklich sehr nahe standen, die er mitnahm um zu heilen, oder auf den Berg der Verklärung. Das wären Petrus, Jakobus, Johannes. Und von Johannes hiess es dann, er sei der Jünger den Jesus liebte. Das ist eines unserer grossen Probleme, wir haben oder machen keine klaren Prioritäten. Doch wir müssen ordnen wer wieviel Zugang zu mir und meinem Herzen und Ressourcen hat. Dazu ein Vorschlag nach dem Modell «Stufen der Nähe»: In der Mitte ist unser Herz und dann ziehen sich verschiedene Kreise um uns, die uns unterschiedlich nahe sind und in jedem Kreis haben wir verschiedene Personen die unterschiedliche Zugangsberechtigungen bei uns haben. Je näher sie unserem Herzen sind, desto mehr Zugangsberechtigung erhalten sie, desto exklusiver werden die Beziehungen. Je geordneter wir dies handhaben, desto mehr steigt die Qualität der jeweiligen Beziehungen. Z. B.:
1. Gott: Zugang zu meinem ganzen Herzen
Gott sollte an unserer erste Stelle stehen, denn hier findet sich unsere Anbetung.
2. Ehepartner oder wenn du unverheiratet bist, ein sehr, sehr guter Freund:
Zugang zu Intimität
Hier sollte nur eine Person sein, dies ist unsere nächste menschliche Beziehung, es sollten nicht die eigenen Eltern oder Kinder sein. Das wäre sehr ungesund! Eltern oder Kinder sind kein Partner-Ersatz. Damit wir eigenständige Personen werden mit gesunde Beziehungen, müssen wir Eltern loslassen, bzw. Eltern ihre Kinder loslassen können.
3. Kinder und Familie, bester Freund: Zugang zu meinem näheren Liebesbereich
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4. Gute Freunde: Zugang zu meiner Freundschaft und Zeit
5. Chef (Ausserhalb der Arbeitszeit), Kollegen, alle übrigen Bekannte:
Zugang zu meiner Einsatzbereitschaft, Verpflichtung und Fähigkeiten
Die ersten drei Beziehungs-Kreise oder Stufen kommen auch schon in den 10 Geboten vor. Daraus können wir schliessen, wenn die Ordnung bis hier stimmt, schon sehr vieles richtig ist!
Wie auch immer du wen wohin ordnest, darfst du auch klar kommunizieren wer wo bei dir steht. Wenn hier Enttäuschungen stattfinden, weil sich jemand in seiner Position zu dir getäuscht hat, ist das ganz gut, denn dann werden die Beziehungs-Verhältnisse klarer. Vor allem aber merkst du so auch, wieso du deinen Ehepartner enttäuscht, wenn du ihn eben nur wie einen guten Freund behandelst. Das solltest du dann korrigieren!
Diese Grenzen sind wie Zäune zu verstehen wenn du Nein sagst. Deine Nein-Zäune müssen höher und stärker gebaut werden, dein Nein entschiedener, je näher es zu deinem Herzen steht. Je näher die Personen an deinem Herzen, desto wichtiger dein Nein nach aussen, wenn da jemand eindringen will. Du musst dir bewusst sein, dass wenn du deine Kinder deinem Ehemann bevorzugst, dies ein Ungleichgewicht schafft, oder dass wenn du die Anliegen deiner Arbeit, deines Chefs über die deiner Familie stellst ein Tohuwabohu mit sich ziehen wird. Kinder z. B. wollen immer die Aufmerksamkeit der Eltern. Wenn die Eltern aber sich und ihrer Ehe keine bevorzugte Aufmerksamkeit mehr schenken, wir die Ehe instabil und so die ganze Familie, Es dient letztlich den Kindern wenn sie Eltern haben, die sich den Vorzug geben vor den Kindern. Auch sollte dein Partner nie von dir so vergöttert werden, wie es Gott zusteht und auch du solltest dir immer im Klaren sein, das für deinen Partner Gott wichtiger sein sollte als du, was nicht heisst, dass er dich darum weniger lieben würde. Die Gefahr gerade bei den engen Kreisen ist, dass einer den Platz von Gott oder dem Ehepartner einnimmt und da sollten wir wirklich strikt Nein sagen! Diese Abhängigkeit die wir von Gott haben und die Kraft die wir nur aus seiner Beziehung zu ihm tanken können, sollten wir nie von unserem Ehepartner verlangen oder gar leben, es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt sein.
Wir dürfen Gott ehren und unseren Ehepartner achten, aber nicht verachten, wenn wir ihn nicht verehren können. Denn verehren können wir nur Gott. Dies im Sinne der Anbetung.
Diese Kreise/Stufen sind durchaus dynamisch. Also wenn man heiratet, dann verschiebt sich eine sehr enge Beziehung in den Ehekreis, was wiederum andere auf die hinteren Plätze verdrängt, oder wenn Kinder in eine Familie kommen, werden Freundschaften sich ändern und zurücktreten müssen. Auch wenn sehr enge Freunde uns verletzen und wir für uns entscheiden, dass sie nun nicht mehr in den Guten Freundes-Kreis gehören, sondern nun in den Bekannten-Kreis abwandern und das ist ok, dazu hat auch ein jeder andere das Recht dazu. Wichtig wird dann zu klären, dass man bei jemandem nicht in einem Ehekreis landet, wenn man selbst verheiratet ist und diesen Platz gar nicht so bieten kann, will oder sollte. Es ist auch wichtig für uns zu wissen, dass unsere besten Freunde selbst auch als beste Freunde schätzen, weil es uns sonst immer im Mangel zurücklassen wird, wenn wir bei ihnen nur im Bekannten-Kreis landen. Gut aufpassen müssen wir auch dann, wenn mein Chef zugleich mein Chef mein bester Freund oder auch mein Ehemann ist, oder mein Sohn/Tochter wie in einem Familienunternehmen. Hier müssen wir immer gut trennen in welchem Bereich wir uns gerade beide befinden und auf welcher Position er sich für mich augenblicklich befindet, sprich diskutieren wir hier gerade als Ehepaar oder als Geschäftspartner. Empfehlenswert ist es daher, die Kreise nicht zu vermischen und wirklich auch die engen Beziehungen von einander zu trennen und zu priorisieren.
5. Fünf Tipps um leichter Nein sagen zu können
Tipp 1: Übernehme Verantwortung für dich selbst
Tipp 2: Achte auf deine Worte
Tipp 3: Nein-sagen braucht Übung
Tipp 4: Rhythmus/Gewohnheiten nutzen
Tipp 5: Denk nach
Tipp 1: Übernehme Verantwortung für dich selbst
Wir kennen diese Sätze die mit «eigentlich wollte ich ja nicht, aber ich dachte ich müsste…» beginnen, «ja normalerweise tue ich das ja nicht, aber es konnte ja niemand anderes ausser mir…» oder «es sind doch schon so viele krank, also wenn ich jetzt auch noch zu Hause bleibe, können wir gleich zu machen…». Es ist so erstaunlich was wir alles glauben zu müssen, bzw. wie sehr die Welt untergeht, wenn wir mal nicht tun würden, was wir glauben tun zu müssen. Du siehst, da ist eine vordergründige Selbstüberschätzung, die sich in Wirklichkeit davor drückt für sich selbst Verantwortung zu übernehmen. Es geht in die Richtung zu glauben heldenhaft zu sein, wenn man mehrt tut als andere, aber dabei nicht auf sich achtet. Es gibt immer irgendwelche gute Gründe im Aussen, doch wir müssen gar nichts machen. Und das was wir eben tun, tun wir, weil wir uns dazu entschieden haben, dass zu tun. Wir glauben das sie Dinge manchmal so über uns kommen, also andere dafür verantwortlich sind und wir gar nichts dagegen tun können, doch das stimmt so nicht. Wir können für uns Verantwortung übernehmen wie wir etwas tun, was wir dafür von unserer Zeit und Kraft geben wollen, etc. Wir entscheiden letztlich darüber. Wir können immer Antworten auf die Verantwortung, ob wir zu ihr Ja oder eben Nein sagen, jene die uns zugetragen wird und jene die wir selbst haben. Wir geben nur die Verantwortung für unsere Grenzen total gerne andern, sprich sie sollen für uns Rücksicht nehmen, sie sollen berücksichtigen wie es mir damit ergeht, stattdessen übernehmen wir sehr gerne Verantwortung für Probleme, die im Grunde gar nicht unsere eigenen sind. Wenn Leute mit ihren Problemen zu uns kommen passiert es ganz schnell, dass wir sie zu unseren machen. Doch dazwischen ist ein Schritt, nämlich die Entscheidung dieses Problem dermassen die Wichtigkeit zu geben, als wäre es mein eigenes. Wenn du dir das das klar machst kann dass deinen Umgang mit anderen total entspannen. Wenn da jemand mit seinem Problem kommt, kannst du dich immer fragen, will ich es zu meinem machen? Ja/Nein? Durch das Reflektieren wirkt ein Problem plötzlich nicht mehr so bedrohlich und weil es seine Schärfe verliert. Wenn du immer alles annimmst womit die Leute kommen, wirst du genervt und bitter, doch niemand zwingt dich, die Dinge der anderen zu schlucken, du darfst dich distanzieren. Du triffst die Entscheidungen und ja damit wirst du dich bei dem einen oder anderen unbeliebt machen, aber du wirst auch nicht mehr mit Beliebtheit käuflich.
Tipp 2: Achte auf deine Worte
Achte darauf, was du sagst: Ich muss noch dass…, ich habe keine Zeit, ich muss noch dorthin… etc. Doch das stimmt nicht: ich will halt das und das, darum muss ich!
Der Unterschied zwischen dem, wenn wir sagen, ich will, statt ich muss, ist das Bewusstsein über die eigene Verantwortung. Wenn ich zu mir stehe und sage: «Ich will pünktlich nach Hause», übernehme ich für mein Handeln Verantwortung. Wenn ich sage: «Ich muss um elf zu Hause sein», delegiere ich sie ab. Musst du also wirklich? Kannst du zu deinem Nein stehen?
Tipp 3: Nein-sagen braucht Übung
Nein sagen ist Übungssache. Wir brauchen dafür einfach eine Routine, denn man kann das nicht von alleine. Es ist eine innerer Vorbereitung und dann auch eine ganz praktische äussere Anwendung. Es ist eine Art Gewohnheitsänderung die Sachen von den Personen zu trennen und so Nein sagen zu können auf eine gänzlich wertschätzenden Art. Ein Nein wird immer noch besser angenommen, wenn eine ehrliche Begründung mitkommt. Du darfst dir auch gerne eine Bedenkzeit geben und sagen, dass du darüber nachdenken möchtest. Beachte jedoch, dass ein klares Nein immer noch besser ist, als ein wackeliges Ja. Wenn es kein klares Ja ist, ist es womöglich ein klares Nein.
Tipp 4: Rhythmus/Gewohnheiten nutzen
Wie bereits erwähnt hat Gott am Anfang Grenzen gesetzt, aber er hat auch Rhythmen gelegt. Wir könnten auch dazu Gewohnheiten sagen. Wenn man immer zu bestimmten Tages- oder Wochenzeiten etwas tut, dann sind einem schon ganz viele Entscheidungen abgenommen, das entlastet ungemein. Wenn man sich angewöhnt nach einer bestimmten Zeit sich Auszeiten zu nehmen, muss man nicht immer wieder bewusst Grenzen setzen.
Tipp 5: Denk nach
Nimm dir Zeit nachzudenken und zu reflektieren. Wir müssen uns Zeit nehmen uns zu spüren, eine Wochen- oder Tagesrückblick zu machen und darüber nachzudenken, wo hätte es eine Grenze gebraucht, was sind die Optionen, was sind meine Prioritäten?
Wenn wir uns nicht bewusst mit unseren Prioritäten auseinander setzen, bleiben wir immer Knechte im Aussen. Jesus hat zu uns gesagt, dass wir nicht mehr Knechte sein müssen, sondern Freunde. Wir müssen nicht mehr ein Leben in Knechtschaft führen, sondern wir sind zur Freiheit berufen, wo wir stückweit selbst Herr über uns sein dürfen und uns darin üben müssen (Selbstbeherrschung). Darum sage Ja zu Dir, sage ja zum Nein. Amen