Entdecke das Kind in dir und werde erwachsen – Persönlichkeitsentwicklung
Quelle: Entdecke das Kind in dir – und werde erwachsen – Schritte zu einer reifen Persönlichkeit, Willy Weber, 2013, SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Holzgerlingen

1. Die Wahlfreiheit unserer Einstellung
Wir haben das grosse Privileg des freien Willens und sind nicht nur rein Instinkt- sondern auch willensgesteuert. Was ich sehen, glauben, tun…unsw. will, ist meine Entscheidung.
Wir haben die freie Wahl der Einstellung. Wenn ich sage: «Das kann ich nicht!» Dann habe ich gewählt es nicht zu können. Diese Wahl trifft unser Ich-Team, wobei das Erwachsenen-Ich, unter Berücksichtigung des Eltern- und Kind-Ich, entscheidet.
In Aufarbeitung Frühkindlicher Erinnerungen können wir unserem Innerem Kind begegnen und es wenn nötig nachreifen lassen. Wenn wir unser Inneres Kind entdecken und reifen lassen müssen, bedeutet das nicht dass wir nie mehr Kind sein dürfen. Nein, im Gegenteil, ein reifer Erwachsener hat ein befreites Inneres Kind und weiss damit verantwortungsbewusst umzugehen.
Transaktionsanalyse
Unser ICH ist eigentlich ein Team. Wenn Max z. B. sagt: Da war ich stolz auf mich. Oder: Ich habe mich über mich selbst geärgert. Na, welcher Max jetzt über welchen Max? Manchmal sprechen wir von uns als wären mehrere beteiligt. Sind alle Ichs einer Meinung fühlen wir uns stimmig, schert eines aus sind wir verstimmt, uneins, zerrissen. Wir kennen auch die Redewendung: Das Kind im Manne oder der Frau.
Was wir aus der Alltagssprache kennen, lässt sich wissenschaftlich beweisen. Dort wird diese Ich-Familie Transaktionsanalyse nach Eric Bernstein genannt. Als Transaktion wird hier nicht Geld verwendet, sondern Gefühle, von einem Stimulus aus zu einer Reaktion. Bei der Transaktionsanalyse geht es also um die Gefühlsverarbeitung und die Charakterbildung. Eine kurze Beschreibung:
Eltern-Ich
Prägungen aller erlebten Autoritätspersonen, Wertegebern, fürsorgliche und kritisierende Denkweisen. Es ist eine Vermischung von der gelernten Erwartungshaltung und der persönlichen Deutung des Kindes. Es stammt aus der Zeit völliger Abhängigkeit. Gottes Position kommt hier am deutlichsten raus.
Kind-Ich
Alle Erlebnisse, Gefühle und Empfindungen, aus der Kindheit, die private Logik des Kindes. Es ist komplett abhängig von den Eltern und spürt schon als Embryo / Fötus ob es Willkommen sein wird oder nicht. Entwickelt sich erst ab dem 10. Monat, vorher lebt es eher in einer Symbiose mit der Mutter. Empfand es mehr Wärme, Liebe und Geborgenheit, konnte sich die freie, spontane Seite bilden, erfuhr es mehr Ablehnung und Kritik, musste es sich Liebe durch Gehorsam verdienen, wurde es eher angepasst, konditioniert bzw. bricht aus und wird aggressiv.
Erwachsenen-Ich
Ich kann im Hier und jetzt verantwortlich entscheiden. Es entscheidet sekundenschnell, oft unbewusst welchen Impulsen vom Kind- oder Erwachsenen-Ich nachgegangen wird. Dabei stoppt, korrigiert, reflektiert, wägt es ab. Alles was als Kind erlebt, selbst gedeutet kann es nun anderen geben oder sich geben lassen.
Wir brauchen das Gleichgewicht. Wir sollten weder Moralapostel (Eltern-Ich), noch kindisch,
unselbständig (Kind-Ich) oder völlig verkopft, zu erwachsen (Erwachsenen-Ich) sein. Die Harmonie machts. Kinder übernehmen u. a. das Leid von Eltern und versuchen sie stellvertretend zu retten, wenn sie nicht stark sein können. Kinder werden rasch zu Erwachsenen, bleiben jedoch innerlich Kind, weil das innere Kind keine Zeit zu reifen hatte. Unser tiefster Kern kann sich nicht entfalten, was uns seelische Gesundheit raubt. Das hat viel mit unserem Willen zu tun und nicht mit IQ oder sozialem Status.
Wer nun in uns entscheidet was angenommen wird und was nicht, dieser tiefste Kern möchte ich als unsere Ur-Seele oder Ur-Geist bezeichnen. Sie ist es, die direkt von Gott kommt und diesen freien Willen auszeichnet, der uns so stark von Tieren unterscheidet. Gott bläst dem Mensch seinen Odem ein. Schon eine Mutter kann spüren, was ihrem Fötus gefällt und was nicht. Diese Ur-Seele ist es, die wir bewusst wieder an uns entdecken dürfen. In dem Modell der Transaktionsanalyse wird darum vom inneren Kind gesprochen, weil dieser Ur-Kern wie eine Kinderseele für uns rein über Emotionen und Gefühlen erfassbar ist. Wenn wir sagen, dass wir auf unser Herz hören, oder unser Bauch entscheidet, meinen wir eigentlich die Weisheit unseres Ur-Kerns, die für uns oft zu Recht über der Kopfweisheit steht. Diese Ur-Seele braucht jedoch die liebevolle Leitung unseres Erwachsenen-Ichs. Sie denkt nämlich nicht unbedingt langfristig, darum auch «inneres Kind», es fehlt ihr das rationale, das moralisch reflektierte. Wenn wir uns kopflos verlieben, oder Dinge tun ohne Verstand, sind wir auch völlig «inneres Kind» und das dient uns nicht immer zum besten.
Die grosse Kunst des Reif-Werdens oder Erwachsen-Werdens besteht darin, aus dem konditionierten, angepassten oder rebellischen inneren Kind ein freies zu machen, das dem Erwachsenen in uns die Originalität gibt, die ihn als Menschen ausmacht. Für die Prägung unseres Charakter, dass wir zu dem Menschen werden, der wir auch heute noch sind, ist also nicht nur die Umwelt oder die Eltern verantwortlich. Der Hauptanteil ist unser eigene Wille, unser freie Wille, von der Ur-Seele ist der, der entscheidet, ob etwas positiv oder negativ aufgefasst wird, der sortiert und bewertet, noch weit bevor unsere Ratio bewusst ausgebildet ist und wir reflektierend entscheiden können. Der Charakter zeigt letztlich auch mit welchen Methoden wir das Leben zu meistern gelernt haben. Dazu können Eltern gar nicht so viel beitragen. Jeder Mensch ist einzigartig und einmalig aufgrund seiner Ur-Originalität und dessen Entscheidungen.
In der Seelsorge hilft das Schema, dass sich die RS besser selbst verstehen. «konstruktive
Bewusstseinsspaltung» wird dieses analytische Hilfs-Tool genannt. Es hilft dem Verstand den
überblick über das Gefühlschaos zu erlangen.
Für die emotionale Ebene ist die «Stuhlübung / Gestalt-Therapie» besser. Die Vorstellung die
betreffende Person sitzt Gegenüber, hilft die Emotionen zu erspüren, die unbewusst da sind und vom Kind-Ich gefällt wurden. So ist es dem Erwachsenen-Ich möglich die Beziehung neu zu erleben und zu bewerten.
5-ICH-Zustände
Zu den Ich-Zuständen kann ein Pegelschema erstellt werden. 100 % der Lebensenergie verteilen sich auf die 5 Ich-Zustände. Wo hat es am meisten? Was müsste ausgeglichen werden? Hier geht es nicht um Bewertung, sondern um Wahrnehmung.
Ziel ist, dass das Eltern-Ich immer mehr abnimmt und das Erwachsenen-Ich zunimmt, um das Kind-Ich zu führen. Das «Erwachsen-werden» sollte schon in der Kindheit stattfinden, hinkt aber im Erwachsenen oftmals noch hinter her. Das Kind-Ich soll dabei aber nicht verdrängt werden, sondern bejat. Es braucht Raum, Freiheit und Schutz, Rückhalt, aber auch Grenzen. Denn das Kind-Ich ist amoralisch, es ist rein emotional ohne Moral, oder Beurteilungsfähigkeit. Dies übernimmt zuerst das Eltern-Ich, dann im Reifeprozess das Erwachsenen-Ich. Dieses Üben der Reife zeigt sich in altklugen Sprüchen der Kinder die Erwachsene belehren wollen.
Mit der Ausbildung der Ich-Zustände entwickelt sich auch ein erstes Lebensgefühl (L3). Mit etwa 3 Jahren hat der Mensch schon deinen Grundlegenden Charakter, die emotionale Kernposition, geformt, der sich in den kommenden Jahren weiter festigen wird. Das innere Kind ist meist kein komplett freies, sondern grösstenteils ein angepasstes oder rebellierendes geworden. Dazu werden Lebensüberzeugungen gezielt mit der Charakterbrille selbstbestätigt (wie ein ständiges Selbstprophezeien) und Widersprüchliches abgelehnt oder ausgeblendet. Kinder haben ein sehr feines Gespür für ihre Position in ihrer Umwelt, wer sie mag oder nicht. Sie können jedoch nicht unterscheiden, ob die Eltern gerade ihre Unart oder ihr Handeln ablehnen, für sie ist es als würde man sie als Person ablehnen, wie auch umgekehrt. Alle diese daraus resultierenden Positionen, ausser die erste, wird unbewusst getroffen und übernommen, bevor noch eine bewusste Entscheidung gefällt werden kann. Man wird nun solange sein gewähltes Schema ausleben, bis es einmal erkannt und durchschaut wurde.
1. Ich bin ok – du bist ok
Spürt ein kleines Kind das es absolut willkommen ist in der Welt, entwickelt sich ein Urvertrauen. Es
schützt vor Misstrauen und birgt das Wissen gewollt, geborgen, geliebt und wertvoll zu sein. Er weiss
er ist i. O. und die anderen sind es auch. Es entwickelt eine gute Selbstwahrnehmung und
Selbstvertrauen. Da Eltern auch nur Menschen sind die Fehler machen, ist diese Position eher selten, aber der beste und gesündeste Start ins Leben.
2. Ich bin nicht ok – du bist ok.
Wenn der kleine Mensch spürt das er nicht willkommen ist, stört, zu wenig Hautkontakt / Wärme / Nähe erlebt, empfindet er sich selbst als nicht ok, aber die anderen schon. So entstehen Minderwertigkeitsgefühle und Lebensunsicherheit, Depressionen oder Aggressionen. Es erfährt ein «ich bin ok» nur an Bedingungen, an bestimmtes Verhalten, wenn es ruhig ist, brav, Leistungsbringend, etc. Leistung und Lob im Tausch für Annahme. Ich darf sein, wenn ich bin, wie du mich möchtest. Diese Menschen sind sehr offen für Demut. Demut ist eine Form für Mut. Zitat von Angelika Glöckner:
(Lieber Vater, liebe Mutter… Sich von den Schatten der Kindheit befreien, Freiburg 2000)
3. Ich bin nicht ok – du bist nicht ok
Dieser Entschluss folgert, wenn die Mutter bzw. Bezugspersonen das Kind offen ablehnen,
wegschieben, anschreien, ungerecht strafen, so dass das Kind merkt, das mit dem anderen auch etwas nicht stimmt. Wenn das Klima frostig und lieblos wird, ist überall Unglück und Verzweiflung. Alle und alles ist nicht i. O. und ich bin es auch nicht, also hat auch niemand etwas Gutes verdient. Diese Kinder werden Pessimisten, Skeptiker, Einsiedler, Schwarzseher, manchmal Amokläufer.
4. ich bin ok – du bist nicht ok
Zu dieser Überzeugung kommt ein Kind, wenn es seine Bezugspersonen als sehr schlimm erlebt, als Übermacht, die z. B. seinen Frust an ihm auslässt und es dann wieder alleine lässt. So hat das Kind Zeit sich zurückzuziehen und seine Wunden zu lecken. Es merkt, dass es ihm am besten geht, wenn es alleine ist: ich bin ok, die anderen sind es nicht. Oft finden sich hier missbrauchte, verwahrloste und misshandelte Kinder mit sehr chaotischen Eltern. Sie entwickeln besonders oft Hass- und Rachegedanken, fühlen sich bei Vergeltung im Recht und werden in Machtpositionen zu Tyrannen.
Diese Grundglaube kann auch durch das Gegenteil entstehen, bei extremer Verwöhnung. Wie ein kleiner König lernt das Kind, dass andere in seinem Dienst stehen und weniger wichtig sind als es. Sie lernen keine Verantwortung, sind misstrauisch und unberechenbar. Jene werden sehr undankbar, weil es für sie normal ist, dass die Welt sich um sie dreht. Sie leben in einer realitätsfremden Blase und werden am Leben scheitern, weil es nicht so ist, wie sie es kennen, wenn sie sich nicht eine Position schaffen, wo sie genauso herrschen können (Mehr dazu siehe Verwöhnung). Wenn sie diese Position haben, sind es meist unselbständige Verehrer, die ihnen blind gehorchen und vom Tyrann emotionslos aussortiert werden, wenn es für ihn keine Verwendung mehr für sie gibt.
Die bewusste Wahl zu: Ich bin ok – du bist ok
Wenn wir unser inneres Kind heilen wollen, müssen wir uns bewusst als Erwachsener für die gesündeste Ausgangslage entscheiden, die «Ich bin ok – du bist ok»-Position. Die Form von «Ich bin nicht ok – du bist ok» ist in der Therapie am häufigsten anzutreffen. Um aus dem ich-bin-nicht-ok, also ein ich-bin-ok zu machen, muss das Urvertrauen wieder hergestellt werden. Dazu gehört der Grundglaube, bedingungslos geliebt und angenommen zu sein. Wer wenn nicht Gott, der Glaube an Jesus Christus wäre nicht besser dazu geeignet. Diese sich frei schenkende vollkommene Gnade und Liebe von Gott, völlig unabhängig von Leistung, kann dazu das felsenfeste Fundament für ein verkapptes Urvertrauen legen. Diese erfahrene Liebe ist eine sich weiterschenkende Liebe. Es ist die heilende Wahrheit, die für immer und ewig gilt. Gott kann die Art Vater und Mutter sein, wie es normalen Eltern völlig unmöglich ist.
Dieses Wissen brauch Zeit um im Herzen verinnerlicht zu werden, bedarf Übung und Geduld. Es ist nicht so einfach alte Prägungen los zu lassen. Gerade in Stresssituationen fallen wir gerne in «kindliche» Muster zurück. Grosse Krisen bergen die Chance für einen Neuanfang, wo alte Denkmuster neu überdacht werden können. Wer dann offen ist und dranbleibt wird am Ende mit einem positiven Lebensgefühl belohnt werden.
Wenn man in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen ist, ist das noch lange keine Garantie für geglücktes Urvertrauen bzw. Gottvertrauen. Wenn von den Eltern ein strenges kaltes Gottesbild vermittelt wird oder eine scheinheilige Frömmigkeit, ist das genau so schädlich wie alles andere Schlechte. Es gibt leider zu viele Menschen, die glaubensgeschädigt sind. Nur echte Glaubensüberzeugung, echte Liebe zu Gott, kann von einem Kind auch glaubhaft als etwas positives übernommen werden.
Jeder hat ein «inneres Kind». Es ist das was auch noch uns Erwachsene zu einem Original macht. Prägende Erziehung, Kultur, Dressate, Gesellschaft und Medien wirken auf unsere Originalität und verformen sie, wenn wir kein stabiles Urvertrauen haben, dass wir so sein dürfen, wie wir sind. Ja, wir müssen lernen in einer Gemeinschaft sozial zu sein, uns stückweit anpassen und unsere Fähigkeiten einsetzen können. Doch leider stimmt dabei für viele der Satz: Die meisten Menschen werden als Originale geboren und sterben als Kopien.
Kinder können noch nicht heucheln, sich verstellen oder andere täuschen. Auch ihr inneres Kind ist echt und einfach da. Kinder lieben das Leben, lernen gern, sind neugierig und begeisterungsfähig, vergessen sich im Spiel und zeigen ihre Emotionen ungefiltert. Alles musische, kreative, Tanz und Musik sind Dinge die das innere Kind in uns wieder lebendig machen. Kinder können auch furchtbar wütend werden! Sie auch noch? Da ist pure Energie, eine beeindruckend grosse Kraft vorhanden. Gerade der Umgang mit der Frustrationstoleranz muss noch geübt werden. Dabei können Kinder Erwachsene stören und unglaublich nerven! Schnell rutscht dabei ein Kind in die Überzeugung ich-bin-nicht-ok, du-bist-ok und wird pflegeleicht. Im Grunde sind solche Erfahrungen immer ein kleiner seelischer Tod, ein Mikro-Trauma. Es ist eine Blockade im Reifeprozess, denn das wachsende Erwachsenen-Ich wird sich dabei nicht mehr um das freie Kind-Ich kümmern und so bildet sich ein angepasstes/konditioniertes oder rebellisches Kind-Ich für die seelische Stabilität. So können wir biologisch wunderbar z. B. mit einem angepassten Kind erwachsen werden, doch unser inneres Kind ist dabei stehen geblieben, verlassen, konnte sich nicht weiter entwickeln. Es ist sozusagen in den Keller unseres Lebenshauses geschickt worden, dort wo alles Unverarbeitetes, Überforderndes Unpassendes für unsere Seele liegt und muss nun dort drin schmorren. Doch diese Kellertür zuzuhalten benötigt eine Menge Lebensenergie, wo wir gar nicht so offensichtlich bemerken. Wir haben eine unbewusste Blockade entwickelt, die dann in einer Situation zum Vorschein kommt, wo wir nicht damit rechnen. Das kann sich als kleine Macke äussern oder zu einem echten Lebensbewältigungsproblem werden. Das Problem liegt nun im verborgen im Keller, im Unterbewusstsein. Irgendwann haben wir so viele Dinge in unseren Keller geschoben, dass wir keine Kraft mehr für den Alltag finden. Die Kellertür benötigt 100% um zugehalten zu werden. Das geht nun nicht mehr, wir müssen reinen Tisch machen und unser Lebenshaus gründlich ausmisten!
Reife Erwachsene erkennt man an ihrer Gelassenheit, an einem inneren Friede und Ruhe, sie sind ganz sie selbst, verantwortungsbewusst, energievoll und tragfähig. Die wenigsten können das von sich aus behaupten. Besonders in den immer häufiger werdenden Mid-life-crisis (Lebenskriese in der Lebensmitte, ca. 40-50 Jahren) oder sogar Quater-life-crisis (Lebenskrise im ersten Viertel des Lebens ca. 20-25 Jahren) kommen diese inneren Unstimmigkeiten und Blockaden zum Ausdruck. Wir verfallen wieder in kindliche Muster, müssen etwas nachholen was verpasst geglaubt scheint. Das verlassene innere Kind meldet sich mit grosser Heftigkeit zurück und will auch «erwachsen» bzw. die verschiedenen Lebensphasen miterleben. Das ist aber nun die Chance als Erwachsener neu Verantwortung für sich zu übernehmen und sich um sein inneres verlassenes Kind zu kümmern.
Es brauch Mut sich seinen kindlichen Ängsten zu stellen! Wir müssen dann jeweils wieder in unsere Kindheit zurück und diese Situationen nochmals als Kind durchleben, aber so, dass das verlassene innere Kind nicht zu kurz kommt. Es darf nicht mehr in den Keller geschickt werden. Das ist schwierig und anstrengen, aber es zahlt sich aus.
In Kontakt mit dem inneren Kind treten
Die Seele hat die Fähigkeit unser Bewusstsein vor schwierigen seelischen Verletzungen abzuschirmen. Wir können uns z. B. in unsere Kindheit nur soweit zurück erinnern, wie es unsere Seele zulässt. Es braucht also Geduld mit sich selbst, wenn unsere Seele uns z. B. nur bis zur Pubertät oder dem Schuleintritt heran lässt. Dann müssen wir einfach damit arbeiten. Dieser Kontakt zwischen Erwachsenen und Kind ist eine Beziehung und wie jede Beziehung braucht sie Zeit um sich aufzubauen. Erwarten sie also zu Beginn keine Frühlingsgefühle oder lange Dialoge, wenn sie sich noch gar nie mit ihrem inneren Kind auseinandergesetzt haben. Mit der Zeit geht es einfacher und sie werden ein Frohsinn und Lebendigkeit an sich entdecken, wie sie es schon längst vergessen haben.
Manchmal meldet sich ein inneres Kind scheinbar gar nicht. Je nach Charakter der Person könnte dass daran liegen, dass sich das innere Kind auch nach mehrmaligen liebevollen Rufen nicht traut hervor zu kommen. Diese Kinder haben resigniert, aufgegeben. Hier braucht es besonders viel Arbeit und Fingerspitzengefühl das Vertrauen wieder herzustellen. Nur Mut! Jedes Kind sehnt sich nach Liebe. Jesus war ein Kinderfreund. Wenn wir Erwachsene meist keine Nerven mehr für Kinder haben, freut er sich bestimmt noch stundenlang. Er weiss wie wichtig für sie Annahme und Geborgenheit sind. Wie wärs wenn du dein inneres Kind mit ihm bekannt machst? Vielleicht hat es das Vertrauen in dich verloren, aber Jesus ist jemand anderes. Wenn nicht er es hervor holen kann, wer dann?
Man könnte dazu verleitet werden zu glauben, dass wenn wir mehr von unserem inneres Kind in unser Leben lassen, gleichzeitig unseren Aufgaben und Pflichten als Erwachsenen nicht mehr nachkommen würden, das ist falsch. Wie bei der Erziehung geht es nicht darum von der autoritären, unterdrückenden Elternmacht zur völligen Anarchie für das Kind zu wechseln. Demokratie heisst auch in der Erziehung, man geht auf alle Beteiligten ein und entscheidet für das beste Wohl aller. Da Kinder nun geleitet werden müssen, liegt die Verantwortung der Wahlmöglichkeiten beim Erwachsenen. Das Kind kann davon aussuchen. Also nur weil mein inneres Kind gerade keine Lust hat zu arbeiten, ist es für die Ich-Gemeinschaft besser trotzdem arbeiten zu gehen. Vielleicht könnte es aber mit ein bisschen kindsgerechter Leichtigkeit passieren. Wir werden nicht automatisch faul oder uneffektiver mit unserem inneren Kind. Vielleicht etwas wählerischer, anspruchsvoller, ja, aber auch lockerer und lustiger. Wir bekommen mehr Kontur und Originalität, wir werden typischer. Typisch Tim, typisch Markus, typisch Lisa, typisch Melanie…
Es gibt ein paar Methoden, wie wir mit dem inneren Kind in Kontakt treten können:
Einen Brief schreiben, jeweils als Erwachsener zum inneren Kind oder als inneres Kind an den Erwachsenen. Z. b. als Kind mit der anderen Hand (krakelige Schrift und es braucht mehr Zeit)
Malen und Zeichnen sind auch gute Ausdrucksformen. Malen sie sich mal als Kind alleine, eines mit Mama, eines mit Papa… und sie werden interessante Details an ihnen entdecken, unterschiede mit den verschiedenen Personen.
Musizieren ist auch eine Möglichkeit. Welche Töne drücken was aus?
Manchmal werden wir auch in Träumen mit dem inneren Kind konfrontiert. Es ist wichtig dabei, egal wie abstossend es uns erscheint es trotzdem anzunehmen. Es ist ein Teil von uns und wir dürfen uns darum kümmern. Wir müssen sogar.
Eine Fantasiereise kann helfen sich eher mit seinen Gefühlen, Intuition und inneren Bildern zu befassen, als mit dem Kopf oder dem eigenen Willen zu denken. Es ist sehr tiefenpsychologisch und geht ein wenig an die Nieren. Es ist ähnlich wie ein Wachtraum. Es benötigt ein loslassen, eine Kontrollabgabe ohne Erfolgsdruck. Alles ist richtig was kommt. Am besten geht es an einem Ort wo man sich wohl fühlt und entspannt die Augen schliessen kann. Das kann aber nur mit einem seelisch stabilen Mensch gemacht werden, nicht mit einem psychisch Kranken. Oftmals entwickelt sich eine Szene oder Geschichte. Viele innerlich verlassene Kinder hocken in einem Verlies oder Gefängnis, sind irgendwie weggesperrt oder unbeweglich. Wie ist es bei Ihnen? Wenn es so wäre kannst du dir vorstellen, dass Kind zu befreien. Was brauchst du dazu? Was braucht das Kind? Es lohnt sich dies aufzuschreiben und mit etwas Distanz nach zu betrachten. Vielleicht könntest du dir als Erwachsener genau das geben, was dein inneres King gerade braucht.
Annahme des inneren Kindes
Ist das innere Kind einmal entdeckt muss ein bewusster Adoptionsschritt erfolgen. Wir müssen uns bewusst entscheiden es anzunehmen und uns ab jetzt darum kümmern. Das innere Kind ist wie ein Schatz und darf zurück nach Hause kommen. Dazu hilft das Rollenspiel «die Stuhlübung»: Ein Stuhl steht für den Erwachsenen, der andere ist der Platz des Kindes. Der Klient muss in beide Rollen schlüpfen und sich dazu auf die jeweiligen Stühle setzen. Es braucht aber eine grosse Portion Offenheit. Gerade sehr kontrollierte Menschen, wollen sich nicht lächerlich machen. Ihnen fällt es schwer sich darauf einzulassen. Man muss wirklich ein bisschen aus sich raus kommen und «mitspielen» können. Z. B.
In der Erwachsenen-Rolle: Beschreibe das Kind und sage ihm, wie du ihn siehst.
Wechsel, Kind-Rolle: Beschreibe den Erwachsenen, wie findest du ihn? Was wünscht du dir von ihm?
Wechsel, Erwachsener: Gebe Antwort auf das kindliche Bedürfnis, was möchtest du ihm für die Zukunft versprechen? Wie geht es jetzt dem Erwachsenen?
Es hilft diese Adoption Vertraglich fest zu halten und für sich wie ein wichtiges Dokument aufzubewahren.
Für das innere Kind Verantwortung übernehmen, kann auch auf innere Abwehr stossen. So ein Kind fordert. Es benötigt Aufmerksamkeit, die Führsorgepflicht des Erwachsenen, Energie, Zeit, Entscheidungsfähigkeit und sonstige Ressourcen – und das täglich. Gerade in jenen Bereichen, wo es wirklich nicht sein durfte, braucht es echte Arbeit. Vertrauen muss wachsen und ein Verständnisvoller Umgang gelernt sein. Auch der Erwachsene darf sich mal in Frage stellen lassen und überprüfen, was nun angebracht ist. Oft müssen wir dem inneren Kind auch einfach nur vermitteln, dass wir es erst nehmen und es gehört haben, aber jetzt nicht gerade darauf eingehen können, weil das Leben nicht immer mitspielt. Manchmal muss ein inneres Kind auch lernen, dass ein Nein ein Nein ist, den Moral und Ethik sind noch nicht so ausgeprägt. Gerade die Lust-Bedürfnisse mit Fremdgehen, Süchten, Ersatzbefriedigung und Verwöhnung, etc. müssen richtig verstanden werden. Dahinter stecken eigentliche Sehnsüchte die noch nicht gelebt werden können. Nicht jedes Bedürfnis des inneren Kindes darf ungefiltert übernommen werden, genau das ist die Sorgfaltspflicht des Erwachsenen (Eltern haften für ihre Kinder). Das innere Kind kommuniziert viel über Emotionen und Gefühle und Gefühle sind eine sehr körperliche Angelegenheit. Der Umgang mit Gefühlsspannungen ist auch ein ganz eigenes Thema und kann sich bis zu psychosomatischen Beschwerden äussern.
Bevor sich aus dem inneren Kind ein Erwachsenen-Ich bilden kann, entsteht zuerst ein subjektives Eltern-Ich. Subjektiv weil dieses Elternbild eine individuelle Interpretation des Kindes ist. Kein Elternbild ist gleich unter Geschwistern. Dieses Eltern-Ich steht für unser Werte und Weltanschauungen, ist unser so zu sagen unser charakterliches Eltern-Erbe. So wie in unserem Erwachsenenleben Gottes Platz aussieht, waren es die Eltern fast ein bisschen für uns als Kind. Wir übernehmen viele Stärken und Schwächen von unseren Eltern, orientieren uns an ihnen, lernen von ihrem Denken und Handeln, wie man mit anderen Menschen umgeht, Sie lehren Gebote und Verbote, was männlich und weiblich ist, Selbst- und Menschenbild, wir übernehmen ihre Glaubensvorstellungen oder lehnen sie ab und leben das Gegenteil, usw… Gott wünscht sich von uns, dass wir versuchen unsere Eltern zu ehren. Sie haben uns das Leben auf dieser Welt ermöglicht und meistens ihr Bestmögliches für uns gegeben. Sie sind halt nicht wie Gott. Unter Ehre wird manchmal sehr viel falsches verstanden. Es bedeutet nicht, dass wir sie auf Händen tragen müssen. Wer sehr Schlimmes durch seine Eltern erfahren hat, dem ist sowas in der Regel auch nicht möglich und das muss er auch nicht können. Ehren bedeutet lediglich ihnen Mutter- und Vaterschaft anzuerkennen. Es ist eine Art dauerhafter Respekt, den ihnen gebührt. Nur sie haben diesen Platz in unserem Leben. Mehr braucht es im Grunde nicht.
Menschen schauen unterschiedlich auf ihre Kindheit und die Rolle ihrer Eltern zurück. Bei manchen ist sie durchwegs positiv, auch wenn Eltern mal Fehler gemacht haben. Sie haben von ihnen ein gutes Urvertrauen mitbekommen. Diesen Eltern kann man eigentlich nur gratulieren. Andere reden sich ihre Kindheit eher schön und getrauen sich nicht ihre Eltern kritisch zu beurteilen, oder sagen frei heraus, dass die Eltern komplett versagt haben. So subjektiv wie das Eltern-Ich, ist auch diese Beurteilung und sagt nur bedingt etwas über die tatsächliche Erziehung. Die Meinung ändert sich meist mit dem aktuellen Beziehungsstand zu den Eltern.
Im Transaktionsmodell gibt es das kritische und fürsorgliche Eltern-Ich. Viele Ratsuchende erlebten in Bezug zu ihrer Herkunftsfamilie eher ein wenig förderliches Urvertrauen, das kritische oder überfürsorgliche Eltern-Ich dominiert hier eher. Sich das einzugestehen, ist auch nicht immer leicht. Es mag sein das die Eltern tolle Menschen sind, wenn bei mir aber trotzdem eine unausgesprochene Distanz und Kälte da war, ist das die Wahrheit des inneren Kindes. Es ist weder schlecht noch falsch so zu denken. Gefühle sind nie falsch, sie sind das Ergebnis von Wahrnehmung und Bewertung. Es ist wichtig und heilsam, alles über das Eltern-Ich auf den Tisch zu bringen. Nur was sichtbar wird, kann auch Heilung erfahren. Viele Schmerzen und Wunden sind oft ein Ausdruck von Gesundheit. Nur ein gesunder Geist kann Schmerz und Leid empfinden. Wer unter echtem Leid nicht mehr leidet, ist wirklich krank! Deshalb sind die unbewussten Wunden oft die urmenschlichsten Bedürfnisse nach Sicherheit und Bedeutung, die nicht gestillt werden konnten. Da das Kind jedoch überleben musste, hat es sich damit arrangiert und meist ein angepasstes oder rebellierendes inneres Kind entwickelt. Mit dem Transaktionsmodell können wir unser inneres verlassenes Kind ermutigen, indem wir als Erwachsenen-Ich besser auf uns eingehen können, als es unsere Eltern konnten. Manchmal muss unserer Erwachsene unser Kind-Ich direkt in Jesu Arme legen, wenn wir es nicht können. Für diese Übung bietet sich auch «das Stuhlmodell» an.
Auf Stuhl A sitzt unser Elternteil, auf Stuhl B das Kind-Ich.
In der Kind-Rolle: Beschreibe z. B. die Mutter und sage ihr, wie du sie siehst und was du von ihr gebraucht hättest.
Wechsel, Mutter-Rolle: Beschreibe das Kind, wie siehst du es? Was würdest du ihm antworten?
Wechsel, Kind: Gebe Rückmeldung auf die mütterliche Antwort und das kindliche Bedürfnis. Kannst du der Mutter vergeben und sie aus der Pflicht entlassen? Wie geht es jetzt dem Kind? Wäre Versöhnung möglich?
Wo Beziehungen geklärt werden kann es leichter zu Versöhnung kommen. Auch hier kann ein Gebet oder ein Vergebungsvertrag helfen.
Manchmal drängt sich ein Eltern-Ich oder Kind-Ich ins Gebiet des Erwachsenen-Ich. Meist tun es beide. Wenn das Eltern-Ich sich mit seiner kritischen Seite ins Erwachsenen-Ich drängt können negative Glaubensätze oder Vorurteile wer man sein soll vom Erwachsenen übernommen werden. Es sind Aussagen, die man glaubt von den Eltern übernommen zu haben, wie sie über uns oder andere denken. Dabei steht diese Aussage fest, bevor der Erwachsene eine Sache unabhängig prüfen und seine eigene Meinung bilden konnte. Es ist das was das angepasste oder rebellierende Kind ungefiltert glaubt. Es ist es auch, was sich so mit entsprechenden Ängsten und Fantasien als falsche Wahrheiten ins Erwachsenen-Ich drängt.
So stark sich der Eltern-Teil in den Erwachsenen-Teil drängt, so stark tut es der Kindliche, immer mit der entsprechenden Kernposition. Sie halten das Erwachsenen-Ich klein, es kann sich nicht richtig entwickeln – reif werden. Solange bleibt der Mensch in Vorurteilen, Fantasien und Ängsten gefangen. Sobald das Erwachsenen-Ich die Regie übernehmen würde, müssten Eltern- und Kind-Ich parieren. Wenn wir etwas an unserem Leben ändern wollen, ist es wichtig, dass wir unsere ganz persönlichen Lebensüberzeugungen entlarven. Nur so kann der Erwachsene in uns wieder mehr Gewicht erhalten, neu bewerten und Verantwortung übernehmen. Auch dazu kann mit der Stuhl-Übung in die Vorurteil-Position, in die kindliche Fantasie-und-Ängste-Position und die Erwachsenen- Position gewechselt werden. Vorurteilen und Ängsten erweisen sich äusserst stabil, doch ihnen gehen die Argumente aus, wenn man sie kritisch hinterfragt. Sie waren eine Art jahrelange Überlebenshilfe, deshalb braucht es Ausdauer, sich diese abzugewöhnen.
5. Dem Erwachsenen-Ich Verantwortung zumuten
Erst wenn der Leidensdruck gross genug oder der Gewinn nicht mehr hoch genug ist, beginnen Leute sich Hilfe zu holen. In Konflikten und Problemen werden wir wieder zum Status unseres inneren Kindes, sprechen wir aber zum Erwachsenen in ihnen, wird deutlich wie sehr wir noch Reife brauchen. Manchmal muss man erst lernen, dass da wirklich ein Erwachsener in einem steckt und darf ihn an sich entdecken. Christen kommen z. T. in den Konflikt, dass sie glauben verantwortliches Handeln sei eigenmächtig und widerstrebe dem Glauben. Sie beten, dass Gott ihnen jenes und das geben soll. Sie glauben es sei richtig Gott ihr Leben zu überlassen, indem sie aber den Bereich, der in ihre Verantwortung fällt auch Gott zuschieben, machen sie es sich etwas zu leicht und wundern sich, dass Gott diese Gebete scheinbar nicht erhört. Natürlich gibt es Zeiten, wo wir wie Kinder vertrauen und warten müssen, doch das ist meist erst dann, wenn wir unseren Teil, der uns möglich ist, gemacht haben.
Der Sinn des freien Willen, den uns Gott geschenkt hat, ist diesen zu benutzen und zu lernen Verantwortung und Konsequenzen zu tragen. Wenn er uns scheinbar Dinge nicht abnimmt, wird er wohl sagen: Ich traue dir das zu! Nur blöd, dass wir das nicht unbedingt hören wollen, denn das ist anstrengend und meist mit Arbeit verbunden. Niemand hat gesagt, dass das einfach ist und immer Spass macht. Aber im Grunde ist es unsere Würde, die wir so wiedererlangen müssen. Gott nimmt uns die Verantwortung nicht ab, aber er hilft uns sie zu tragen. Erwachsensein bedeutet von den Eltern unabhängig werden, aber nicht von Gott. Das ist die Krux die es zu schaffen gilt. Wenn ich abhängig von Gott bleibe, werde ich befähigt unabhängig von menschlichen Meinungen und Einflüssen zu sein. Will ich mich aber aus dem Gefühl mich nicht von Gott bevormunden zu lassen, nicht von ihm abhängig sein wollen, werde ich beeinflussbar für Meinungen und Lehren anderer. Und diese werden mich mit aller Wahrscheinlichkeit nicht durch und durch kennen, mich lieben und für mich sterben wollen. Unser Herz wird immer abhängig bleiben, denn wir sind auf Zuwendung anderer angewiesen. Es ist eine Eigenschaft von uns Menschen ein Gemeinschaftswesen zu sein. Wir brauchen einander. Ohne Liebe stirbt der Mensch. Es ist nur die Frage unserer Verantwortung, an wen sich unser Herz hängen wird. Wenn ich nämlich schwach werde und nicht weiss wo mir der Kopf steht, darf ich immer zu Gott laufen, mich von ihm trösten und entmutigen lassen und verliere meine Würde nicht! Einen Unterstützer brauchen hat nichts mit Unreife zu tun. Keiner von uns ist ein Einzelkämpfer. Wir brauchen reife Mitmenschen, Eltern, Pädagogen, die mit Schwäche und Versagen erwachsen umgehen können. Wir brauchen echtes Interesse und aufrichtige Wertschätzung um gesund zu reifen. Das Menschen das nicht immer bieten können ist klar, aber unser Vater im Himmel, wird immer für uns da sein.
Wenn einem Erwachsenen jedoch ein Vormund gestellt werden muss, weil er nicht Verantwortung über sich selbst übernehmen kann, nicht lebenstauglich ist, hat das etwas sehr entwürdigendes, da stimmt was nicht, das hätte er eigentlich nicht verdient. Doch genau das tun wir mehr oder weniger, wenn wir nicht Verantwortung tragen wollen. Wir machen das Erwachsenen-Ich in uns mundtot, wir trauen ihm gar nicht zu reife Entscheidungen zu fällen. Und ja, womöglich fällt es nicht immer die richtige Entscheidung, den Reife ist ein Prozess der gelernt werden muss. Es ist eine Lebensschule sich seine Fähigkeiten und Grenzen bewusst zu werden, aber das müssen wir, es nimmt uns unsere Würde, wenn wir es nicht tun! Reife macht stark und überlebensfähig. Unser Leben gehört Gott, doch er traut uns zu, uns darum verantwortlich zu sorgen. Wenn wir auch mit 40 oder 50 Jahren noch nicht anfangen zu uns zu stehen, wird es irgendwann bemitleidenswert mit uns und das vielleicht sogar nur aus Stolz, Trotz, Unvergebenes und / oder Bequemlichkeit! Dann sterben wir mit 80 oder 90 Jahren als Kinder, die nie die würdige Welt als reife Erwachsene sehen konnten. Als Kind bleibt man immer von jemandem abhängig, Erwachsene sollten selbst ihre Bedürfnisse stillen bzw. wissen wo und wie sie damit umgehen können. Menschen mit verkümmertem Erwachsenen-Ich haben in diesen Bereichen nie gelernt eigene Schritte zu gehen und wirklich frei zu sein. Ist es das wert? Wohl kaum. Ändern wir das!
Auch wenn das Erwachsenen-Ich die Hauptkompetenz unserer Ich-Familie ausmacht, heisst das nicht, dass die anderen nicht mehr beachtet werden müssen. Im Gegenteil! Es ist das Erwachsenen-Ich das entscheidet, wer nun Beachtung findet und ob es richtig ist diesem Einwand nachzukommen oder ev. anders darauf zu reagieren. Manchmal muss das blitzschnell gehen. Das Eltern-Ich ist mit seiner fürsorglichen und kritischen Seite unsere Erfahrungs- und Wertkompetenz. Es hilft uns im Umgang mit Mitmenschen fürsorglich oder auch kritisch zu sein. Nimmt seine kritische Seite jedoch überhand oder wird zu überfürsorglich, ist es das Erwachsenen-Ich das Einhalt gebieten muss. Es hat den Realitätsbezug und kann überprüfen ob das alte Muster, dass wir von unseren Eltern noch in uns tragen noch passt oder nicht. Das Erwachsenen-Ich entscheidet, das Eltern-Ich wird sich fügen. Genau so steht es um das Kind-Ich, dass uns mit seiner kreativen Lebendigkeit, Vitalität, hilft das Leben von der lockeren, spielerisch fröhlichen Seite zu entdecken. Kommt Trotz, Quengelei oder andere stürmende Impulse in uns hoch ist auch da das Erwachsenen-Ich gefordert, damit konstruktiv und wohlwollend umzugehen. Die kindliche Seite in uns ist immer im Jetzt und will sofortige Befriedigung, worauf es gerade Lust hat. Wir können das erkennen und bejaen, was auch immer für Gefühle gerade dabei in uns hoch kommen. Doch die Kunst liegt darin sein inneres Kind richtig abzuholen (es kennt keine Ethik oder Moral) und den Anforderungen des Lebens trotzdem gerecht zu werden. Kindergerechte Erziehung ist hier gefragt. So mancher Eltern-Ratgeber kann den Umgang mit unserem inneren Kind tatsächlich erleichtern, den dieser Teil in uns bleibt immer freies und angepasstes Kind.
Reife ist das jonglieren lernen zwischen Pflichtgefühl und Lebenslust. «Wer nicht geniesst wird ungeniessbar», aber auch «Wer kein Ziel hat, kann nichts erreichen» sind beides Sprichwörter, die Wahrheit tragen. Das Erwachsenen-Ich muss also sehr klar und wach sein um sich nicht von der einen oder anderen Seite einlullen zu lassen. Es muss zwingend lernen Nein zu sagen und trotzdem zugewandt bleiben. Kein einfacher Job. Klar ein Kind kann Toben wie ein Tsunami und Elterliche Verurteilung kann gefühlt 10 Tonnen wiegen, aber sie bekommen immer nur so viel Gewicht, wie der Erwachsene ihnen Raum lässt. Es ist wahrlich hartes Training sich selbst Herr zu werden. Es braucht viel Ausdauer, Geduld, Nachsicht und Annahme, besonders in Stresssituationen, wo wir gerne rückfällig werden. Doch das ist ok. Das Erwachsenen-Ich ist ein Muskel, der trainiert werden muss und dafür darf man sich auch Unterstützung holen, bei Freunden, Beratern oder anderen Vertrauenspersonen (Idealerweise nicht der Ehepartner oder andere Familienmitglieder, sie sollten nicht unsere Therapeuten sein). Aber es lohnt sich, das Lebensgefühl, die Eigen- und Fremdwahrnehmung wird sich verändern. Es ist ein Gewinn an Lebensqualität und Freiheit. Es gibt eine innere Ruhe wenn man sich selbst geordnet und sortiert hat.
6. Anmerkung zur Glaubenssicht auf Psychologische Ratgeber
Schnell kommen bei stark gläubigen Personen die Frage auf, ob Psychologie gegründet auf Humanismus, nicht schon Glaubensverrat sei, wenn man in diesem Gebiet nach Hilfe sucht. Man darf sich aber beruhigend vergegenwärtigen, das Gott als Schöpfer auch in der Psychologie zu Hause ist, da er ja alles gemacht hat. Wissenschaft kann nur beobachten und erforschen, was Gott gemacht hat. Als Seelsorger oder Seelsorgerliche Schule kann man prüfen, was mit der Bibel vereinbar ist und was nicht. Bei jeder Seelsorgerlichen Beratung ist der Heilige Geist mit dabei, wenn wir ihn darum bitten.
Wie erwachsen oder reif dürfen den die «Kinder Gottes» werden? Die Erfahrungen, die wir mit unseren Eltern machen übertragen wir dann oft auf unser Gottesbild. Wenn unser inneres verletztes Kind kein Urvertrauen entwickeln konnte, tut es sich oft auch mit dem lieben Gott schwer und kann sich nur einen strafenden Gott vorstellen. Wenn uns die Bibel lehrt als Erwachsene wieder wie die Kinder an Gott zu glauben, fordert sie uns auf dieses kindliche Urvertrauen für Gott zu öffnen. Kinder glauben ihren Eltern alles, sie hinterfragen sie nicht. Das was Eltern tun, denken und wie sie handeln, stellen Kinder nicht in Frage, sie machen es ihnen sogar nach. Nur wenn Eltern verletzend werden, missbrauchen und gewalttätig sind, spüren sie das etwas falsch ist, aber sie können es nicht richtig deuten. Wie bereits erwähnt, Kinder verfügen noch über keine Ratio, sie haben kein moralisches oder ethisches Verständnis, sie sind rein emotional. Erst wenn ein Gewissen in ihnen reift, werden sie überhaupt zu Sünde fähig, erst dann können sie misstrauisch, ablehnend und unabhängig werden. Aber kindlicher Glaube vertraut und glaubt aus vollem Herzen, ohne rationalen Verstand. Darum gilt das Seelsorgerliche Bemühen besonders dem inneren Kind, dass es wieder einen Zugang zu Gott findet. Mit ihm kam unser Lebensatem. Anders empfangen wir das Gottesreich nicht.
Bibel; Matt 18,1-4: In jener Stunde traten die Jünger zu Jesus und sagten: "Wer ist nun der Grösste im Himmelreich?" Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sprach: "Amen, ich sage euch, wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Himmelreich hineinkommen. Wer sich also zu den Geringen zählt wie das Kind hier, der ist der Grösste im Himmelreich."
Diese Aufforderung widerspricht nicht der Bibelstelle wo Paulus die Korinther auffordert im Glauben zu wachsen, sie sollen nicht auf der Stufe von Babys bleiben, die noch keine feste Nahrung vertragen. Denn für den reifen Erwachsenen steht kindlicher Glaube für Weisheit.