top of page

Gelassenheit individualpsychologisch

Gelassenheit christlichen und individualpsychologisch betrachtet.

Quelle: Gelassen durch den Tag, Die Kunst trotz allem Gelassen zu sein, Reinhold Ruthe, 2016, Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers


1. Gelassenheit gewinnen

Gelassenheit hat mit Verzicht zu tun. Mit Sein-Lassen. Wir müssen lernen unnötigen Ballast abzuwerfen. Um neues zu gewinnen, müssen wir altes verlieren. Los-lassen. Zuerst müssen wir erkennen, an welchen Orten Gelassenheit erforderlich ist. Gelassen-Sein ist ein Lebensstil, eine Lebenshaltung. Wir müssen achtsam werden auf unsere Lebenseinstellungen und hinterfragen, ob es sich nicht lohnen könnte etwas daran zu ändern. Gelassenheit ist kein Verdienst, sondern ein Gnadengeschenk und eine Aufgabe. Das ist kein Wiederspruch. Denn selbst die besten Gnadengaben verderben, wenn sie nicht genutzt werden. Es ist also eine Gnade Gelassenheit als stetige Aufgabe zu leben, nur so können wir die Freiheit davon ernten.

Sie erfahren Gelassenheit, wenn Sie…

  • …Unerledigtes zurücklassen können

  • …nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen

  • …Sie negative Gedanken stoppen

  • …vergeben können

  • …die Vergangenheit ruhen lassen

  • ...beunruhigende Fragen an Gott abgeben

  • …auf Gottes Zukunft vertrauen


Mehr Eigenständigkeit, weniger reagieren auf andere

Jemand der nur auf Umstände, Wünsche, Bedürfnisse, Bitten, Aufgaben, Pflichten… etc. reagiert, wird gelebt. Er kann nicht Nein sagen. Er hat seine Selbstbestimmung, Eigenständigkeit, Eigenleben verloren. Er reagiert mit Sorgen, Kontrolle, mit Scham und Schuldgefühlen, mit Angst reagiert, weil er glaubt reagieren zu müssen, lässt es zu das andere sein Leben bestimmen. Er ist abhängig von anderen. Stets auf andere gerichtet. Nimmt Bedürfnisse, Wünsche, Gefühle von anderen sehr gut wahr. Nimmt die anderen zu ernst und oder ernster als sich selbst. Doch wenn andere uns fordern, kritisieren, in Beschlag nehmen, müssen wir auch Nein sagen können. Wir müssen prüfen ob die Zumutungen angemessen sind oder nicht! Niemand muss reagieren auf jemand anderen. Richtig ist: Wir nehmen den anderen ernst, sind aber frei in unseren Entscheidungen.


Je mehr wir eigenständig, unabhängig denken und handeln, desto ruhiger und gelassener reagieren wir.


Müssen Sie alles persönlich nehmen? Ich denke nicht. Wer sich alles zu Herzen nimmt, wird herzkrank. Menschen mit einem Gewissen einer Briefwaage, sehen hinter jedem Stein eine Provokation, Lügen, Aufforderung, Böses, Missgunst, hinterfragen alles und jeden, natürlich auch sich selbst! Tragen wegen allem und jedem ein schlechtes Gewissen, ahnen Reaktionen und Folgereaktionen schon weit voraus, weit an der eigentlichen Realität vorbei. - Sie machen sich und andere wahnsinnig. Sie fühlen sich in Anspruch genommen, reagieren ärgerlich und belasten andere erst recht. Doch niemand muss müssen. Wir dürfen die 1000 Kümmernisse sein lassen. So beruhigen sich die Nerven von ganz alleine. Wir werden gelassen, wenn wir von anderen/anderem losgelassen haben und bei uns selbst bleiben.


Ein Lösungsimpuls: Negative Gedanken stoppen

Negative Gedanken wie Unterstellungen, Schlimmes befürchten lassen, jede Freude rauben, den Teufel an die Wand malen, sind wie Gift für uns. Es sind Ängste, Pessimismus, irrige Überzeugungen und Schwarzseherei, die wir bewusst stoppen und verändern können. Wenn wir glauben das wir für unsere Gefühle nichts dafürkönnen, ist das falsch! Auf Lebensüberzeugungen folgen Gedanken und diese äussern sich in und mit Gefühlen, welche wiederum die Lebensüberzeugungen bestätigen. In diesen Kreislauf können wir eingreifen, wenn wir bewusst die negativen Gedanken kontrollieren. Bewerten wir anders, fühlen wir anders und ziehen andere Schlussfolgerungen für unser Leben daraus.


Gelassenheit ist ein Lebensstil

Heutzutage muss alles schnell gehen. Die Time-is-money-Ideologie ist allgegenwertig im Alltag und der Wirtschaft. Darunter leidet vor allem unsere Gesundheit. Der getriebene Mensch reagiert im Stress nervös, der Körper mit nervösem Magen.

Die Gegenbewegung zum Fastfood ist Slowfood. Wer sich in Pausen Zeit nimmt zum Essen, ausgiebig kaut, die Gabel auch Mal ablegt, zeigt Ruhe und Gelassenheit. Wer in der Hektik neben Karriere, Ehrgeiz, Zielerfüllung noch nebenbei zwischen bissen, schlucken noch hastig trinkt, demonstriert die Unruhe unsere Zeit. Es ist eine Frage der Einstellung. Die Gesinnungsänderung ist entscheidend für die Lebensstielkorrektur. Ich entscheide mich immer für Gelassenheit. Ruhe und Gelassenheit in meiner Arbeit, in meinem Alltag, an meinem Küchentisch.


Spiritualität und der Umgang mit Stress und Entspannung

Eine ausgeglichene Job-Life-Balance ist ein grosses Thema unserer Zeit. Seelische und körperliche Gesundheit ein Dauerbrenner. Neben dem gesunden positiven Stress, leiden wir in der Regel am negativen Stress. Alles was über – anstrengt, -belastet, -fordert, übertreibt, stört, bedroht, macht krank und kann töten. Dieses Zuviel an Stress kann sich zeigen durch Lärmstress, Leistungsstress, Verkehrsstress, optischem Stress, Konfliktstress… etc. So individuell wie wir sind, ist auch unser Stressempfinden und zeigt sich in der Überlastung. Unser Körper erträgt die Über-Spannung nicht mehr und sein ausgeklügelter Schutz- und Verteidigungsmechanismus wendet sich plötzlich gegen uns. Wir erkranken an psychosomatischen Störungen, die sich so individuell zeigen wie das erlebte Stressempfinden.


Der Berliner Nervenarzt J. H. Schulz hat an Fakiren aus dem Orient eine ganz besondere Entdeckung gemacht. Fakire haben die Fähigkeit bis zu einem gewissen Grad Einfluss auf unwillentlich steuerbare Körpervorgänge zu nehmen. Z. B. können Sie den Pulsschlag steuern, somit den Kreislauf und Blutdruck zu ihrem Willen ändern. Aufgrund dieser Tatsache hat Herr J. H Schulz im Jahr 1920 das Autogene Training erfunden, wo «konzentrierte Selbstentspannung» eingeübt wird. Man lernt Zustände des Körpers wahrzunehmen, die wir normalerweise nicht bemerken und bewusst zu empfinden, Einfluss zu nehmen und somit zu entspannen. Es hat sich gezeigt, das Achtsamkeit und Autogenes Training sehr hilfreich sein können bei psychosomatischen Störungen. Da die Krankheitszustände durch die seelische Fehlregulation eingedämmt werden kann. Dadurch lässt sich Medikationen wie Psychopharmaka, Schlaf- und Schmerzmittel einschränken und den Über-Stress prophylaktisch vorbeugen.


Es gibt vielleicht Menschen, die mit Mentaltraining in Glaubenskonflikte kommen. Sie denken, dass hier mit okkulten Praktiken oder spirituell fragwürdigen Einflüssen gearbeitet wird. Dazu gibt es in der Bibel einen praktischen Rat: Wer etwas für unrein hält, für den ist es tatsächlich unrein. Niemand soll also zu etwas gezwungen werden, das ihm nicht entspricht. Im Römer 14, 13-23 (Bibel) wird vor allem über unreine Speisen gesprochen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass man dieses Prinzip auch auf geistige Speisen anwenden kann.


Viele stören sich auch an dem Wort Selbst, dass oft im Zusammenhang mit solchen Methoden in Verbindung gebracht wird, wie z. B Selbstentspannung, -suggestion, -verwirklichung, -heilung. Das Traurige am Mensch ist ja, dass er sich selbst retten und erlösen will und sich auch selbst von seinen körperlichen und seelischen Problemen heilen möchte – alleine ohne Gott. Klappt das nicht, hilft nur noch beten, so das allgemeine Denken. Gott allein soll es uns nun wegnehmen! Doch das tut er selten einfach so. Wunder sind die Ausnahme. Gott will mit uns zusammen uns helfen und heilen. Es braucht unseren Einsatz und seine Kraft. Mindestens ein regelässiges Gebet von unserer Seite braucht es schon! Einen Trainer oder Arzt triffst du nicht nur einmal und dann ist gut. Es braucht unser regelmässiges Suchen nach Gott Vater, Gott dem Schöpfer, Gott dem Heiler und Seelsorger. Gib ihm die Chance dir Antworten zu geben. Versuche offen zu sein für ihn. Versuche eine Möglichkeit für die spirituelle Verbindung mit Gott zu finden, so das er dir Begegnen kann, sei es durch Bibel lesen, Musik, Lieder singen, Anbetung, beim Sport, beim Malen und Gestalten, etc. Das Bewusstsein, das wir auf ihn angewiesen sind, in allem, ist wichtig. Darum braucht es Kommunikation mit ihm. Er möchte das wir Verantwortung für unser Leben übernehmen, uns selbst durch ihn helfen können. In diesen Selbsterfahrungen benötigen wir die Unterstützung von Jesus und dem Heiligen Geist, die uns dabei leiten.


Ein Lösungsimpuls: Nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen, sondern auf Gottes Zukunft vertrauen

«Gott gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden.»


von Reinhold Niebuhr


Wenn wir stur sind, irreale Ziele verfolgen, etwas durchsetzen wollen, das nicht durchsetzbar ist, werden wir unzufrieden, unglücklich und hektisch. Wir reagieren blind aus Verzweiflung und ignorieren die Realität seiner Begrenzung. Unsere Energie und Ressourcen, Zeit sind begrenzt. Wir müssen demütig werden vor dem, was für uns realistisch ist! Wer falsche Ziele loslässt wird gelassener. Wer für sich reale Ziele ver-folgt, sieht Er-folge. Man erlangt Zufriedenheit und Zufriedenheit ist immer ein Zeichen von Gelassenheit.

Kennen Sie den Satz: Früher war alles besser. Man hört ihn oft von Leuten, die keine gute Zukunft sehen. Unsere Sensations-Reklamations-Nachrichtenflut verstärkt oft den Eindruck, dass es mit der Welt ja nur bergab gehen kann. Man wäre ja naiv etwas anderes zu glauben. Viele Menschen sind zwar vom technischen Fortschritt überzeugt, doch leben sie oft wie Tiere. Sie leben, aber wissen nicht wozu. Sie konsumieren, aber verfolgen keine Ziele. Sie erlebe keinen Antrieb, Einsatz, Begeisterung oder Verantwortung. Wir Christen sollen keine Traumtänzer, aber auch keine Katastrophenprediger sein. Wer weiss und vertraut, dass Gott alles in seiner Hand hält, kann Lebens- und Existenzängste gelassener entgegentreten.


Beunruhigende Fragen an Gott abgeben

Wir alle werden früher oder später mit Fragen konfrontiert, die uns niemand beantworten kann oder wir von niemandem beantworten lassen können. Warum geliebte Menschen sterben oder wieso gewissen Menschen ein schlimmes Leid erfährt, Ungerechtigkeiten die wir nicht fassen können, Dinge die unseren ganzen Verstand in Frage stellen. Auch Christen werden von Zweifel aus der Bahn geworfen. Das kann uns entmutigen und resignieren. Niemand kann Schicksale bestimmen, ändern oder gar erklären – ausser der Schöpfer selbst! Gott Elohim.

Der Theologe Jörg Zink schreibt, dass die Schwester der Gelassenheit Bescheidung sei. Bescheidung bedeutet dasselbe wie Beschränkung. Er spricht davon, dass ich immer nur ein Stück Teilwahrheit erlebe, nur eine Seite der Medaille kenne und Gott mir genau nur diese Begrenzung anvertraut und verantworten lässt. Und weil er weiss, dass er mich dadurch mit zig unbeantworteten Fragen konfrontieren muss, fordert er mich auf „alle meine Sorgen auf ihn zu werfen“. Ich darf ihm alles einfach alles abgeben. Alles was mich ängstigt, in tiefe Trauer stürzt, ich nicht verstehen oder fassen kann. Ich muss Bescheidenheit entwickeln, dass ich nicht alles verstehen kann und muss. Das ist schwierig für uns Menschen, weil wir für alles eine Erklärung verlangen. Doch wer alles vertrauensvoll in Gottes Hände legen kann, erfährt Gelassenheit.







Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comentarios


bottom of page