Teil 3/3 zum Thema Verwöhnung und Erziehung
Dies fungiert als einen kurzen Erziehungsratgeber und hat kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Literatur: Reinhold Ruthe, Verwöhnt – bestraft fürs Leben, 2010 Brunner Verlag Basel, Giessen

1. Erziehung - eine Frage der Haltung
Gesunde oder gute Autorität wird oft falsch verstanden. Jemand der autoritär auftritt hat nicht die Eigenschaften, die guter Autorität zugrunde liegt. Dies nennt sich autoritativ. Leider ging mit der Gegenbewegung der Autoritären-Erziehung die autoritativen Eigenschaften unter und es bildeten sich die Irrtümer der antiautoritär-liberalen Erziehung:
Mythos der grenzenlosen Freiheit, uneingeschränkte Selbstbestimmung und Nachgeben um jeden Preis
Liberal wurde mit Gleichgültigkeit gleich gesetzt und der generellen Ablehnung von Erzieherischen Zielen
Die Leugnung des Überlegenheits- und somit auch Verantwortungsgefälle zwischen Kind und Erwachsene und dessen Verzicht zur Macht, Lenkung und Beeinflussung und somit der Orientierungshilfe
Das Erwachsenenbeziehungen ein Modell für Kinder-Erziehung wäre
Wichtig ist auch zusehen, das dies zu Recht auf die Ablehnung der schlechten autoritären Erziehung mit Bevormundung, Zwang und Härte zurückzuführen ist. Nur leider als extreme Gegenbewegung auf ein anderes Extrem. Wenn etwas extrem Schlecht ist, ist sein Gegenteil nicht zwingend extrem gut!
Gesunde Autorität – Autoritativ erziehen
Wahre Autorität braucht keine typischen Machtmuster, sondern zeigt sich als Wertevermittler. So wird sie freiwillig akzeptiert. Sie ist ermutigend, nicht entmutigend.
Wenn wir von Autorität sprechen, müssen wir auch von Gott als die wahre souveräne Autorität in Sinne von Autoritativ sprechen. Gott ist die Wahrheit und das ist wahre Autorität. Sie ist das Fundament vom christlichen Glauben. Dass die Kirchengeschichte zeigt, dass auch diese Autorität missverstanden werden kann, ist unbestritten. Doch Gläubige glauben zum Glück nicht an Christen, die Autorität falsch verstehen und Kirche missbrauchen können, sondern an Jesus und der ist der Ewige und einzige Souverän. Nur er vermag mit Liebe so zu überzeugen, dass seine Autorität freiwillig angenommen wird.
Die Standpunkte von Autorität ausgehend von Gottes Souverän und christlicher Nächstenliebe sind folgende:
Orientierung, Vorbild und Leitung
Verantwortung und Verbindlichkeit
Überzeugung durch Echtheit
Ausgeglichenheit und Selbstbeherrschung (gesunder Selbstwert)
Werte und Gewissen
Ermutigung
Orientierung, Vorbild und Leitung, statt Fremdbestimmung, sie fördert und verführt nicht
Autorität lat. augere = mehren, fördern, entwickeln; Autorität will Bildung, Wissen vermitteln und vermehren. Forderung fördert. Manipulierende Macht verführt zum Eigennutz. Vorbilder sind selbst Abbilder eines Urbilds; im besten Fall von Gott, im Sinne von Gottes Nachfolger. Eltern sind Vorbilder des Handeln und Tun für Kinder. Kinder schauen sich alles ab. Charaktereigenschaften, Handeln und Lebensweisen werden übernommen oder abgelehnt und gegensätzlich gelebt. Das Tun lehrt und prägt stärker als Worte. Menschen mit Autorität sind «wie das Licht für die Welt, wie eine erleuchtete Stadt auf dem Berge».
Verantwortung und Verbindlichkeit sind Nächstenliebe
Auch hier wer Verantwortung und Verbindlichkeit lehren will muss mit Vorbild voran gehen. Wer Verbindlich lebt kann sich selbst festlegen und Standpunkt beziehen. Sie werden berechenbar, zuverlässig, können überzeugen und haben Profil. Sie bleiben stet in ihren Meinungen, können sich aber einsichtig und weise ändern, wenn sie falsch liegen. Bei Verantwortung übernehmen wir für etwas Schuldigkeit, denn da steckt das Wort Antwort drin. D. h. wir müssen uns vor jemandem ver-antworten, rechtfertigen, wenn wir nicht sorgsam mit unserer Verantwortung umgehen. Verantwortung wird von jemandem an jemand anderen übertragen. Man kann keine Verantwortung klar be-antworten, wenn man nicht weiss von wem sie kommt. Wenn wir wissen, dass alles von Gott kommt, wissen wir wie der Massstab unserer Verantwortung aussieht.
Dieser heisst: „Du sollst den Herrn deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Gemüte“, spricht der Herr, „dies ist das grösste und erste Gebot. Das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matt. 22, 37-39).
Dies ist der «Generalschlüssel» für ein friedliches Zusammenleben. Nächstenliebe beinhaltet Achtung, Respekt, macht andere nicht abhängig und will kein schlechtes Gewissen beruhigen. Sie kümmert sich uns sieht andere gleichwertig.
Menschen die unverlässlich, unverbindlich und vage bleiben, werden schnell unberechenbar, nicht vertrauenswürdig und wirken unecht. Sie bleiben ihre Antwort schuldig. Solche Leute mogeln sich durchs Leben, werden unglaubwürdig und wirken alles andere als autoritär.
Überzeugung, statt Überreden, Authentizität
In der Überzeugung steckt das Wort Zeuge. Das ist der Unterschied der die Begegnung auf Augenhöhe möglich macht. Nur wer echt ist kann auch überzeugen was Wahrheit ist. Gefühle, Denken und Handeln sind identisch. Er ist frei und unabhängig. Seine Sicherheit ruht in ihm, das weckt Vertrauen, trägt Verantwortung, zwingt sie nicht auf.
Autorität aus dem Selbstwert, statt Minderwert, daher Ausgeglichenheit und Selbstbeherrschung
Durch Minderwertigkeitskomplexe kann eine herrschende Macht die Überkompensation sein. Guter Selbstwert überzeugt durch gesunde Kooperation.
Selbstbeherrschung lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, bleibt sachlich. Sie respektiert sich und darum andere. Falsche Autorität diskutiert, steigt in den Machtkampf mit ein, straft und fordert Gehorsam. Echte Herrschaft bleibt bestehen, trotz Schwäche und Fehler, sie muss nicht bewiesen werden, kann sich stellen und nicht angezweifelt werden. Sie verbindet, wirkt ausgleichend, findet Kompromisse und beruhigt. Innere Stärke muss sich nicht stark zeigen.
Werte und Gewissen
Egoismus ist (fast) gewissenlos, darum wird manipuliert und sich rigoros durchgesetzt. (Schlechtes) Gewissen hat mit Werten zu tun. Heute will man lieber mit guter Gesundheit und Fitness ein reines Gewissen haben, statt sich den biblisch moralischen Themen wie Schuld, Sünde, Unrecht und Lüge zu stellen. Gesunde menschliche Autorität kennt die wahre Autorität und seinen Platz in der Welt. Der Mensch allein ist nicht der Mittelpunkt. Wer Herz hat, hat ein Gewissen.
Ermutigendes Lob
Souveräne Autorität braucht nicht selbst den Mittelpunkt, sondern kann Gutes benennen, Leistung sehen, anerkennen und Gelungenes zur Sprache bringen. Sie kann Verdienste hochheben und Zufriedenheit in Worte fassen. Sie kann ermutigen. Lob braucht unvoreingenommene und uneigennützige Nüchternheit um echt zu wirken.
Das keine Grenzen gesetzt werden ist ein Keim, der Verwöhnung hervorruft. Grenzen, und Regeln werden oft als negative Einengung verstanden. Eltern wollen den Kindern aber freie Entfaltungsmöglichkeit geben und verpassen dabei auch die Schutzfunktion von Grenzen, die Lebenserleichterung, wenn gar nicht alles möglich sein muss, von funktionierenden Abläufen, von Gerechtigkeit, Sicherheit und Struktur. Das Leben hat aber Grenzen in vielen Bereichen, das ist die Realität. Keine Gemeinschaft kann ohne eine minimale Regelung bestehen. Wenn Kinder das nicht lernen, werden sie lebenslang an dieser empfundenen Einengung leiden, denn das ist für sie einfach nicht normal. Wenn Kindern nicht gezeigt wird was uns Menschen beherrscht, welchen Bedingungen des Lebens wir uns fügen müssen, damit wir unser Leben erfolgreich in der Gemeinschaft meistern können, werden sie glauben es ist normal alles selbst bestimmen zu können. Sie werden tyrannisch und können sich nur schwer zu ihrem besten fügen. Wenn wir lernen müssen, dass es Wertesysteme und gutes und schlechtes Verhalten gibt, kann ich auch dabei Scheitern. Mit diesem Frust muss ich lernen umzugehen. Fehler passieren, dass ist menschlich, aber das es zum Leben gehört muss ich erst verstehen. Auch der Umgang mit unseren Lust-Trieben, die sofortige Befriedigung verlangen, aber es nicht immer möglich oder angebracht ist, auch dass muss ich lernen. Wir Menschen haben einen Geist der sich über unsere Instinkte stellen kann. Wir sind keine Tiere. Aber damit tragen wir auch eine Verantwortung. Die Ausrede ich habe einfach auf ein biologischen Trieb reagiert gilt nicht, denn wir können uns anders entscheiden, wir können uns kontrollieren und über Impulse hinwegsetzen. Aber wir müssen lernen wie das geht und was uns längerfristig im Leben dienlich ist. Weisheit ist etwas, das kein Tier braucht, ihm reicht Erfahrung, aber der Mensch ist in seiner Erziehung essentiell darauf angewiesen.
Grenzen setzen bedeutet nicht zu Strafen, Verbote, Moralpredigten oder Züchtigung. Eltern müssen den Kinder klar machen, dass auch sie Wesen sind die Raum brauchen um gesund zu bleiben. Bei gesunden Eltern ist eine gesunde Erziehung Wahrscheinlicher. Die Eltern müssen dabei den Kindern auf der jeweiligen Ebene begegnen können, sodass die Erziehung gleichwertig ist, dass ist die Herausforderung.
Kinder suchen Vorbilder, Orientierung, sie brauchen Leitung, die sie ins Leben begleitet und anleitet. Und Kinder suchen Grenzen gnadenlos, bzw. lernen sie dass es welche gibt und dass sie damit klar kommen müssen. Dass das nicht einfach ist und menschliches Ego schmerzt ist eine Tatsache. Doch endlose Diskussionen, zögern und offen lassen, lassen Kinder Glauben, das Grenzen etwas schwammiges sind und nicht wirklich gelten, man kann sich aber auch nicht darauf verlassen. Rücksichts- und Skrupellosigkeit sind die Folgen.
Mit Grenzen bringe ich Kinder Achtung und Respekt bei, dass Fehler nicht vermieden werden können, aber zum Leben gehören (Weisheit wird möglich), die Selbstverantwortung/Eigenständigkeit gesund ist und sie den selben Wert wie die Eltern besitzen, aber es ihnen nicht gut tut, wenn sie bereits wie erwachsene behandelt werden.
Dies sind theoretische Tipps für die konkrete Umsetzung von Grenzen. Ob diese für die ganz persönliche Erziehung nützlich und praktizierbar sind liegt im Ermessen der Betroffenen:
Eltern sollten Kindern Regeln von Institutionen erfahren lassen, nicht unangemessen für sie eintreten. Im Berufsleben muss jeder selber klar kommen. Wenn Lehrer Schüler früher gerügt haben, habe jene meist von den Eltern auch noch Moralpredigten erfahren. Heute lösen Eltern vermehrt Konflikte der Kinder mit der Schule, sie stellen Pädagogen in Frage und drohen mit Anwälten. Was damit den Minderjährigen vermittelt wird, bleibt unbeachtet.
Regeln und Grenzen werden in der Familie gemeinsam besprochen
Kinder wissen nicht von selbst was richtig ist und was falsch. Mit einer «Familiensitzung» können solche Beschlüsse «offiziell» gemacht werden und Kinder dürfen sich einbringen und als Teil des Ganzen verstanden fühlen. Folgen werden erklärt und es wird verständlich gemacht, dass das Abendessen z. B. zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindet und warum und was passiert wenn man zu dem Zeitpunkt nicht anwesend ist. Wichtig: Eltern müssen ihre Regeln selbst auch einhalten oder zumindest erklärt wieso für sie andere Regeln gelten! Und bei Verstössen wird nicht neu verhandelt.
Kinder die Folge von Grenzüberschreitungen zutrauen
Kinder, welche die Folgen ihrer Grenzmissachtungen nicht spüren, steigern ihre Provokationen (sie suchen die Grenze). Deshalb ist die Anwendung von logischen Folgen in der Erziehung wichtig!
Nicht reden, handeln! Sich nicht erpressen lassen!
Wenn Regeln verkündet werden, das Kind diese nicht befolgen will, wird diskutiert, der Erwachsene fühlt sich bald ohnmächtig, befindet sich im Machtkampf mit dem Kind und Bestrafung, Drohungen und Beschimpfungen können folgen. Kinder kennen die Schwächen ihrer Eltern und wissen sie geschickt zu führen, der Erwachsene merkt das in der Regel nicht. Besonders wenn er sich auf Diskussionen oder Verhandlungen einlässt gerät er in diesen Machtkampf. Besser ist es sich gar nicht darauf einzulassen, sondern das in einer Handlung umzusetzen, was bei der Regelbesprechung besprochen wurde. Z. B. der TV wird ausgeschalten um 20.00 Uhr, nicht um 20.05 Uhr. Werden sie nicht laut, sondern bleiben sie ruhig und fest, das ist deutlicher als jedes Wort. Als Erwachsener muss ich wirklich immer bedenken: Wer unsicher ist, wird umgeworfen! Das ist die Herausforderung. Kinder nutzen es schamlos aus, weil sie ihr Gewissen noch trainieren müssen!
Auf Verwöhnung folgt Aggression, nicht Dankbarkeit
Eltern müssen verstehen, dass Kinder aggressive Praktiken benutzen, die elterliche Angst nährt. Diese werden erpressbar und geben nach. Doch das Nachgeben gibt dem Kind die Bestätigung, dass seine falsche Einstellung richtig ist und funktioniert. Es empfindet es nicht als besondere Geste, als Ausnahme oder Belohnung, sondern wird wütend, wenn es nicht immer diesen Sonderstatus hat.
Das Kind ist kein Partnerersatz
Das betrifft besonders mit der Ehe unzufriedene Ehefrauen, Alleinerziehende und Mütter, die sich selbst als Kind von den Eltern sehr benachteiligt erlebt haben und jetzt eine andere Erziehung, eine besser machen wollen. Besonders Söhne werden dabei wie zum «Freund und engsten Vertrauten» auserkoren. Kinder sind jedoch nicht unsere Freunde. In solchen Verhältnissen werden sie auffallend undankbar, da sich zu bedrängt und eingeengt erleben. Gesund ist, wenn man auch ohne Kinder leben könnte.
Kooperationsfähigkeit beibringen, sonst werden Kinder unbeliebte Einzelgänger!
Verwöhnte Kinder neigen zum Bestimmen, Diktieren und andere in den Dienst zu stellen; auch im Spiel. Wenn nicht so gespielt wie sie es wollen, wollen sie nicht mehr. Sie wüssten nicht wie man sich anders verhält. Doch Kinder müssen Streiten lernen, lernen wie man mit Konflikten und dem eigen und das der andern Wollen, Können und Sollen umgeht. Kinder aus dem eigenen Harmoniebedürfnis daran zu hindern ist sehr schädlich! Unsere Wettbewerbs-Gesellschaft verlangt nach Menschen die ein Miteinander können und sich trotzdem Konkurrieren, bzw. mit Niederlagen und Unterlegenheit, sowie konstruktiv mit Siegen und Überlegenheit umgehen können. Kooperative Kindern fordern von Ihnen Gleichwertigkeit, die sie nicht leben können. Wenn sie sich nicht in Rollen von mächtigen Tyrannen-Positionen finden, werden sie ausgeschlossen und unbeliebt, erfahren vielleicht sogar Mobbing. In diesen Opfern speichert sich Hass und Wut, die sich in Amokläufen entladen kann.
Kindern das Leben zutrauen
Bei Verwöhnung neigen Erwachsene dazu Gefahren zu überdramatisieren, aus Angst die Kinder könnten damit nicht umgehen. Anforderungen werden Kinder nicht zugetraut, was dazu führt das sie sich selbst keine Verantwortung zutrauen. Diese Kinder entwickeln kein Selbstvertrauen und Unsicherheiten bis zur Lebensangst und Lebensentmutigung, durch mangelnde erfolgreiche Erfahrungen. Sie glauben dem Leben nicht gewachsen zu sein, weil sie keine Erfolgserlebnisse hatten. Kinder brauchen Zuspruch und Ermutigung, Eltern, die an sie glauben und ihnen vertrauen, dass sie können.
Kindern zum Mithelfen bitten
Auch wenn Kinder viel Nerven kosten und der Alltag viel fordert müssen Eltern Kindern gleichwertig begegnen und sie höflich, nett und freundlich um Mithilfe bitten, auch wenn ein «Nein» kommen könnte. Mit Forderungen, Stänkern, Beleidigt sein, Strafen und Gemotze gewinnen wir Kinder nicht zur freiwilliger Mithilfe. Wenn sie sich als wertvoller und angesehener Teil der Familiengemeinschaft sehen, wollen sie auch ihren Beitrag leisten, denn das wollen sie wirklich. Es schenkt ihnen Bedeutung und Selbstvertrauen. Wenn wir ihnen mit Respekt begegnen, werden wir Respekt auch fordern dürfen und meist auch ernten.
Logische Folgen nach Grenzüberschreitung
Die Anwendung von logischer Folge ist i. d. R. gleichwertiger und meist wirkungsvoller als Strafe. Das Kind erfährt unmittelbar nach dem Grenzübertritt die wertneutrale, logische und teils natürliche Konsequenz seines Handelns und dass die Hilfe von Eltern (noch) notwendig ist. Das Kind lernt dabei Einsicht und Weisheit.
Man unterscheidet zwischen natürlichen und logischen Folgen:
Natürlich : Niemand muss extra dazwischentreten damit die Folge eintritt: z. B. eine Beule nach Unachtsamkeit, eine Verbrennung beim Berühren der heissen Herdplatte, wenn ich meine Lese-Brille vergesse, kann ich nicht gut lesen…
Logisch: tritt nach einer Planung und Abmachung ein: z. B. wenn ich beim Fussball ein Foul begehe, bekomme ich eine gelbe Karte; wenn ich in der Schwimmhalle in Unterhosen, statt Badeanzug schwimmen will, schickt mich der Badmeister nach Hause,…
Warum die Anwendung von logischen Folgen den Strafen bevorzugt werden sollte. Zwei Punkte:
Logische Folgen sind die sofortige Konsequenz von Fehlverhalten und benötigen keine zusätzliche Moralpredigt
Das Kind muss die Beziehung zwischen dem eigenen Beitrag und dem Resultat erfahren. Wenn es etwas z. B. kaputt gemacht hat und es nicht repariert werden kann, muss es damit Leben, dass es nie wieder ganz ist. So ist die Realität. Es sollte nicht einfach neu gekauft werden, wenn dann vom eigenen Taschengeld. Dazu braucht es auch keine zusätzliche Bemerkung, weitere Erklärung und Bewertung von den Eltern; dies löst nur Zorn und Wiederspruch aus. Gerade wenn Eltern eine eigene Schadenfreude bei sich bemerken ist die Erziehung dahin. Wir können Kinder nicht zu etwas zwingen, wir beherrschen sie nicht und lassen uns auch nicht von ihnen beherrschen. Wir können sie nur zu gutem Benehmen anregen und zeigen was für Vorteil gutes Benehmen mit sich bringt. Als gleichwertige Erzieher haben wir kein Recht sie zu bestrafen, aber gehen auf unangemessene Forderungen auch nicht ein. Wenn sie mit dem Kind diese Prozesse der Folgen und Konsequenzen einfach mit durchleben und Anteil nehmen, als friedliche Zuschauer, haben sie ihren erzieherischen Auftrag erfüllt.
Logische Folgen zeigen die gesellschaftliche Wirklichkeit, Strafe die Macht der Eltern
Strafen, besonders willkürliche, bewirken, dass das Kind nicht wirklich aus seinem Fehler lernt, sondern sich dafür bemitleidet und beim nächsten Mal trotzt oder sich sogar rächen will. Strafen, sei es z. B. Gemüse essen zu müssen, alleine mit sich im Zimmer zu spielen, oder Fernsehverbot, etc., werden prägend negativ sein. Das Kind wird sich als Erwachsener immer auch zukünftig bestraft fühlen, wenn es Gemüse essen muss und sich mit dem Gegenteil belohnen, sich selbst verwöhnen wollen. Zudem sind Kind und Eltern dabei wütend aufeinander.
Wenn Eltern dem Kind die Verantwortung und das Tragen von Konsequenzen zutrauen, lernt das Kind i. d. R. von selbst, durch die unangenehmen Folgen seines Handelns (das wovor viele verwöhnende Eltern ihre Kinder schützen wollen), was für ihn besser ist. Diese Erfahrung dürfen wir ihm nicht nehmen! Wir dürfen es auch nicht testen, ob es folgsam ist oder nicht, dass wäre nicht gleichwertig. Wir signalisieren vertrauen und erinnern es höchstens daran was es darf (nicht was es nicht darf).
TV-Verbot bei vergessenen Hausaufgaben macht z. B. weniger Sinn, als einfach die vergessenen Hausaufgaben nachholen zu müssen. Ein Kind fühlt Ungerechtigkeit, wenn es das Zimmer nicht aufräumt und darum am nächsten Tag nicht mit in den Vergnügungspark darf. Und dabei hat es auch Recht. Es ist keine Gerechtigkeit im Sinne von Gleichwertigkeit, sondern Bestrafung (Machtdemonstration). Kinder müssen lernen, wenn sie ihrer Verantwortung nicht nachkommen, sich dafür Lösungen zu überlegen. Im unaufgeräumten Zimmer findet es vielleicht seine Sachen für den Vergnügungspark nicht mehr und es will dort vielleicht auch niemand mit ihm spielen. Dann braucht es eine Lösung, ein Abwiegen. Meist erledigt sich hier z. B. das Aufräumen auf ein Mass, dass Erziehern nicht gefallen muss, aber meist im Rahmen des Erträglichen liegt. Mit diesen Situationen muss das Kind selber fertig werden und das kann es auch.
Verantwortung muss uns beigebracht werden, sie ist nicht etwas das von alleine in uns heranwächst. Verantwortung kann man aber auch noch als Erwachsener lernen. Wenn Kinder nicht darin gefördert werden Verantwortung zu tragen, werden sie ihres Selbstvertrauens beraubt. Sie glauben nicht zu können, weil sie nie mussten und darin keine Erfahrung haben. Sie wissen nicht wie man etwas er-trägt, ver-trägt, aushält, Kraft aufwendet, weil sie Last nie tragen mussten. Das Vertrauen, dass man aber tragen kann, muss erfahren werden, es muss einem zugetraut werden. Viele Kinder die heute in unseren Schulsystemen versagen leiden an angeblicher Überforderung unserer Leistungsgesellschaft. Da ist was Wahres dran, doch viele Kinder haben auch nie gelernt mit Forderungen überhaupt umzugehen. Ohne ein Mindestmass an Förderung werden Menschen lebensuntüchtig.
Kindesmisshandlung ist ein grosses Wort und dass Überbeschützung, ein zu viel des Guten wollen, derart gleichzusetzen ist, muss erst mal erklärt werden. Es wird oft übersehen, dass verwöhnte Menschen tatsächlich unter dieser Verwöhnung leiden, der Schaden ist nicht sofort feststellbar. Erst nach den ersten Jahren erleben sie ein sehr unbefriedigtes Leben, als halb geglückte Menschen. Ihre Fähigkeiten sind in vielen Bereichen unterentwickelt, ja wenn nicht sogar verkrüppelt. Verwöhnung kann zur emotionalen Entwicklungshemmung, zur mangelnden Reife und infantilen Erwartungshaltung gegenüber den Mitmenschen führen. Sie leiden unter einem verzerrten Selbstbild, vermindertem Selbstwert, Ängstlichkeit, Unsicherheit und Misstrauen. Psychisch misshandelte Menschen zeigen bei diesen Symptomen Überschneidungen.
Resignierte, entmutigte Menschen, die glauben Versager zu sein, weil sie nichts auf die Reihe kriegen, leben oft ihre eigene Befürchtung und Verurteilung oder jene ihrer Umgebung. Wenn wir z. B. Angst haben ungeschickt zu sein, verhalten wir uns so übervorsichtig, dass wir meist tatsächlich ungeschickt werden! Das ist ein Teufelskreis, doch es gibt Möglichkeiten da raus zu kommen:
Es braucht Menschen die Rückhaltlos an uns glauben. Wenn jemand von uns überzeugt ist, überzeugt uns das auch oder bestärkt uns zumindest.
Weniger Fürsorge erleben. Mit schädlicher Fürsorge sind oft Unterwerfungstendenzen, Rechthaberei und Machtspiele verbunden. Sie lassen den überbehüteten passiv und inaktiv werden.
Wer merkt das er kann, findet auch gesellschaftliche Akzeptanz. Wenn wir uns selber wertvoller sehen, können wir auch wertvoller mit anderen umgehen. Finden wir uns abstossend, wirken wir auch auf andere abstossend.
Verantwortung übernehmen ist eine Entscheidung. Ein Unselbständiger tritt seine Verantwortung an andere ab. Wer aber selber können will, entscheidet sich Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen.
Durch gewonnenes Selbstwertgefühl entsteht Lebenssinn und Freude. In einer Welt in der ich nur existiere, aber nicht wirken kann, vegetiere ich nur dahin. Da ist viel Sinnlosigkeit und wenig Lebensfreude. Aber wenn ich erlebe, dass mein Tun Einfluss auf mein Leben hat, weckt das die Schöpfungskraft die Gott in uns Menschen hineingelegt hat und zu dem macht was uns von Tieren unterscheidet.
Ermutigung richtet uns tief im Innern auf und spendet Mut, Kraft und Wille fürs Leben. Ermutigung hat viel mit Kommunikation zu tun, wie wir mit anderen reden, über andere denken, wie andere mit uns und wie wir mit uns selber reden und über uns denken. Wenn wir eine Ressource in uns haben, aus der wir auch in schwierigen Situationen Kraft schöpfen können, gelingt es uns selbst zu ermutigen. Nicht zuletzt ist hier der Glaube, Gotteskraft eine grosse Ermutigungsquelle. Wenn uns bewusst wird, dass wir selber, bzw. von Gott uns bewusst ermutigen können, wenn wir unseren Fokus auf unsere Stärken, seinen Verheissungen und Positives lenken, können wir kleine Wunder bei uns und anderen bewirken. Doch dazu müssen wir bewusst entscheiden was wir glauben wollen und was nicht das, auch was andere uns vermitteln möchten oder über uns ausgesprochen haben.
Ermutigung glaubt an die Chance, sie fürchtet sich nicht vor den Risiken und schaut nicht auf 1000 mögliche Gefahren. Wenn du ganz sicher gehen willst, dass du morgen zu Hause wieder ankommst, darfst du das Haus gar nie verlassen. Doch der Glaubende geht im Vertrauen auf den lebendigen Gott, der alles in der Hand hat. Es ist nicht Naivität oder blinder Gehorsam, sondern das Wissen um den eigenen Platz unter Gott und der eigenen Zukunft in der Ewigkeit bei ihm. Wer weiss das es einmal definitiv besser sein wird, kann auch Durchhalten und Aushalten. Die Hoffnung auf ein Besseres gibt Mut zum Leben. Wagnis ist möglich, denn man weiss, dass man nicht tiefer fallen kann, als in Gottes Hände.
Verbale Ermutigung
Sei spezifisch: nicht einfach beurteilen und verurteilen, sondern objektiv und sachlich, möglichst genau sagen was einem auffällt. Ich habe gemerkt, dass du immer daran gedacht hast, nach dem Spielen aufzuräumen.
Positive Gefühle des anderen spiegeln: Wir fassen was wir empathisch am anderen erkennen in Worte. Du lachst und strahlst so schön. Dir geht es richtig gut!
Den Beitrag zum Gemeinschaftsgefühl ansprechen: Ich habe mich sehr gefreut und es war eine grosse Hilfe, dass du gesehen hast, dass dort grosse Unordnung war und du alles sortiert und aufgeräumt hast.
Selbstwert und Gemeinschaftsgefühl
Kinder die sich schlecht benehmen und Fehlverhalten zeigen, leiden i. d. R. an Entmutigung und verfolgen bestimmte Fehlziele um ihren Selbstwert wieder herzustellen. Das Leben kann sehr entmutigend sein, wenn Fehler mehr zu zählen scheinen als das was wir richtig gemacht haben. Viele von uns lernen daher «Fehler zu vermeiden» nicht «Dinge trotzdem zu versuchen, zu machen, oder zu verstehen». Das ist eine andere Gewichtung und Einstellung. Die Vermeidung drückt die Unsicherheit in der sozialen Stellung/unseren Platz in der Gemeinschaft/unser Ansehen aus. Der Mensch möchte dazugehören, das ist ein starkes Bedürfnis. Wer Angst hat sein Gesicht zu verlieren, wagt keine mutigen Entscheidungen, er geht "auf Nummer sicher". Doch absolute Sicherheit gibt es im Leben nicht, dass ist leider eine Illusion. Wir sind mit Nichts in diese Welt gekommen und werden mit Nichts wider gehen. Nur die Schätze, die wir im Himmel sammeln konnten, werden die Ewigkeit überdauern (Matt. 6,20).
Für uns Menschen ist Ermutigung lebenswichtig. Ohne Ermutigung verlieren wir den Lebensmut, den Lebenssinn, Lebensfreude, Aktivität und Zuversicht. Sie baut auf, stärkt das Rückgrat, stabilisiert den Selbstwert, fördert das Selbstvertrauen. Auf Jede Kritik sollten etwa fünf Komplimente folgen, damit keine Entmutigung entsteht. Denn bei Entmutigung resignieren wir, werden pessimistisch, Fehlerorientiert und glauben nicht mehr an uns. Kinder zeigen sich dabei lustlos, desinteressiert, antriebslos und unglücklich.
Ermutigende Erziehung zeigt echtes Interessen, Aufmerksames Zuhören, Geduld und das Gute sehen wollen. Leider neigen Christen eher zur Ermahnung. Ermahnung will bewahren, Schlechtes verhindern, achtet und warnt vor Gefahren, dies wirkt eher bremsend und hat den Fokus auf Negatives. Das soll auch nicht ausgeblendet werden. Doch Fehlerorientierung produziert Angst und Zweifel. Ermutigung weckt Zuversicht und Hoffnung, zeigt sich dabei weniger in Worten, sondern eher im mutigen Handeln. Das gibt Sicherheit auch Durststrecken überwinden zu können.
Optimisten, Sanguiniker und Histrioniker fällt Ermutigung natürlich wesentlich einfacher als Pessimisten. Wer selbst ermutigt ist, kann das auch glaubhafter weitergeben. Auf Jede Kritik sollten ca. fünf Komplimente vorrausgehen, damit keine Entmutigung entsteht. Ermutigung ist also mehr eine Lebensweise, als eine Taktik. Es ist eine Frage der Gesinnung, der Haltung und Einstellung auf welchen Fokus ich mein Leben auslege. Wer ermutigend denkt, strahlt das auch aus. Jemand der an ein Kind glaubt, ermutigt allein durch seine Haltung. Sein Signal gibt der anderen Person das Gefühl trotz Fehler seinen Platz in der Gesellschaft, sein Ansehen nicht zu verliehen. Es muss keine Angst haben.
Ermutigung zeigt sich auch überwiegend im Interesse am anderen. Interesse ist lateinisch und bedeutet «dazwischen sein». Wer interessiert ist, will eintauchen, erforschen und entdecken, mitten im Geschehen sein – dazwischen. Interessierte Kinder sind neugierig, wissbegierig, sie wollen dazugehören, sind so gute Mitmacher und streben ein Ziel an, dass sie interessiert verfolgen. Sie kommen mit ihren Gaben, Talenten und reinem Interessen vorwärts, nicht mit verbissenem Ehrgeiz. Ehrgeizige sind schneller entmutigt. Sie werden von einem Minderwert angetrieben mit Hoffnung auf Ehre. Wenn Erwachsene an einem Kind echtes Interesse haben, mit Wohlwollen und Anteilnahme, zeigt es auch echtes Interesse am Leben und entwickelt sich positiv. Kinder leben die Vorurteile, die wir über sie haben.
Weitere Tipps zur Ermutigung
Nehmen sie ihr Kind an wie es ist
Benutzen sie Formulierungen, die den Selbstwert stärken
Planen sie Erfolgserlebnisse für das Kind (Ermutigung durch selbstgemachte Erfahrung)
Ermutigung fördert Kreativität (dazu braucht es Mut)
Trennen sie Person und Sache; Tat und Täter
Erkennen sie die Fehlziele ihres Kindes
Verändern und überdenken sie falsche Überzeugungen und Vorurteile
Haben sie Mut zu Lücken, niemand ist perfekt
Muten sie dem Kind etwas zu, das führt zur Selbständigkeit
Der Glaube ans Kind hilft gegen Verzagtheit
Eigene Ermutigung ermutigt das Kind